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Visuelle Orientierungshilfen an sicher nutzbaren Treppen in öffentlich zugänglichen Gebäuden und Einrichtungen

 

Bild 1 zeigt eine Treppe, auf der in der Mitte auf den Stufen ein roter Teppich liegt.
Bild 1: Treppe mit rotem Teppich auf den Stufen – © Mobilfuchs

💡 Es wird die berechtigte Forderung erhoben, dass öffentlich zugängliche Gebäude und Einrichtungen mit verkehrssicheren Treppen auszustatten sind. Dazu gehören auch visuelle Orientierungshilfen, die deren Erkennbarkeit deutlich erleichtern. Sie tragen maßgeblich zum Schutz vor Treppenstürzen bei. Daher ist es nicht verwunderlich, dass visuelle Orientierungshilfen in Form von Stufenvorderkantenmarkierungen, wie beispielsweise bereits schon im Arbeitsschutz, eine große Rolle spielen und dort nicht mehr wegzudenken sind.(vgl. z. B. Technische Regeln für Arbeitsstätten – ASR V3a.2).

Was sind visuelle Orientierungshilfen?

 Unter visuellen Orientierungshilfen sind Hilfen zu verstehen, die die kognitive Fähigkeit einer Person, sich, anhand visuell wahrnehmbarer Informationen, zeitlich, räumlich oder mental auszurichten, unterstützen und/oder erleichtern.

Dabei hilft die visuelle Wahrnehmungsfähigkeit von Informationen ein Bewusstsein zur Orientierung zu entwickeln sowie dieses zu aktualisieren. Für Schlussfolgerungen und Planungen zur Orientierung kann auf bereits gesammelte visuelle Erfahrungen zurückgegriffen werden, die im Gehirn schon gespeichert wurden.

Begriffe

Eine Definition über die wichtigsten hier verwendeten Begriffe

a) Auftrittsbreite
b) Laufbreite
c) nicht notwendige Treppe
d) notwendige Treppe
e) Setzstufe
f) Treppenlauf
g) Treppenpodest
h) Trittstufe

finden Sie in unserem Lexikon sowie auf unserer Webseite „Verkehrssicher nutzbare Treppen in öffentlich zugänglichen Gebäuden und Einrichtungen“. Auf dieser Webseite finden Sie weiterhin baurechtliche Hinweise sowie Quellen zu den allgemein anerkannten Regeln der Technik.

Visuelle Orientierungshilfen an Treppen

 Zur Gewährleistung der Verkehrssicherheit auf Treppen sind visuelle Markierungen an den Stufenvorderkanten unverzichtbar. Mit deren Hilfe wird die rechtzeitige Erkennbarkeit des Höhenniveauwechsels erleichtert. Dies ist für die Allgemeinheit, insbesondere jedoch für sehbehinderte Menschen, von grundlegender Sicherheitsrelevants.

Bild 2 zeigt eine Treppe ohne visuelle Orientierungshilfe.
Bild 2: Treppe ohne visuelle Orientierungshilfe © Mobilfuchs

In den zurückliegenden Jahren hat sich, nicht nur auf der Grundlage normativer Anforderungen, der Einsatz von Markierungsstreifen in der Praxis bewährt. Durch ihre einheitliche und stets widerkehrende Gestaltung wird ein anzutreffender Höheniveauwechsel visuell eindeutig erkennbar. Der mit den Markierungsstreifen verbundene Informationsgehalt hat einen hohen Bekanntheitsgrad erreicht. In diesem Zusammenhang sollten, insbesondere in Außenbereichen öffentlich zugänglicher Gebäude, keine abweichenden Lösungen zur visuellen Stufenvorderkantenkennzeichnung erfolgen, da diese Abweichungen zu Fehlinterpretationen und somit zur Erhöhung von Treppenstürzen führen können.

Anforderungen an visuelle Markierungsstreifen

Die leichte Erkennbarkeit, auch im Sinne einer stetigen Widererkennung einer Treppe, wird mit Hilfe von Markierungsstreifen erreicht.

Anforderungen an Markierungsstreifen:
Diese Markierungsstreifen müssen folgende Anforderungen erfüllen:

a) Die Markierungsstreifen verlaufen durchgehend über die gesamte Breite der Stufen.

b) Auf der Setzstufe ist der Markierungsstreifen unmittelbar an deren Oberkante anzuordnen.      Er muss über eine Mindesttiefe von 1 cm verfügen. Entsprechend des zulässigen                    Normenspielraums ist zu empfehlen, dass dieser jedoch in einer Tiefe von 2 cm ausgeführt      werden sollte.

c) Der Markierungsstreifen auf der Trittstufe von fest eingebauten Treppen ist unmittelbar an     deren Vorderkante anzuordnen. Er muss über eine Mindesttiefe von 4 cm verfügen.               Entsprechend des zulässigen Normenspielraums ist zu empfehlen, dass dieser jedoch in         einer Tiefe von 5 cm ausgeführt werden sollte.

d) Die Markierungsstreifen müssen im visuellen Kontrast zu der Oberfläche von Tritt- und            Setzstufen sowie zu den Oberflächen der Treppenpodeste stehen.

Bild 3 zeigt die Kennzeichnung aller Stufenvorderkanten mit visuell kontrastierenden Markierungsstreifen auf Tritt- und Setzstufen.
Bild 3: Kennzeichnung aller Stufenvorderkanten mit visuell kontrastierenden Markierungsstreifen auf Tritt- und Setzstufen   © Mobilfuchs

Diese Anforderungen an Markierungsstreifen lassen sich in der DIN 18040-11DIN 18040 „Barrierefreies Bauen – Planungsgrundlagen“ Teil 1 „Öffentlich zugängliche Gebäude“ Abs. 4.3.6.4 bzw. der DIN 329752DIN 32975, „Gestaltung visueller Informationen im öffentlichen Raum zur barrierefreien Nutzung“ Abs. 4.7 „Kennzeichnung von Niveauwechseln“ finden. 

Bild 4 zeigt visuelle Markierungsstreifen an der Stufenvorderkante nach DIN 32975.
Bild 4: Visuelle Markierungsstreifen an der Stufenvorderkante nach DIN 32975
© Mobilfuchs

 Ein Fehler ist es, die Stufenmarkierung nicht wie unter b) und c) beschrieben, sondern jeweils 1 cm bis 2 cm von der Trittstufenvorderkante bzw. der Setzstufenoberkante zurückgesetzt anzuordnen (vgl. Bild 5). Die Praxis zeigt, dass in diesen Fällen die Stufenkante häufig nicht erkannt bzw. übersehen wird und sich damit die Stolpergefahr erhöht.

Bild 5 zeigt einen, auf der Trittstufe von der Stufenvorderkante zurückgesetzten, Markierungsstreifen.
Bild 5: Auf der Trittstufe von der Stufenvorderkante zurückgesetzter Markierungsstreifen – © Mobilfuchs

Markierungsstreifen in der Stufentiefe (Auftrittsbreite)

  • Gelegentlich lassen sich zur Stufenkennzeichnung Markierungsstreifen finden, die im seitlichen Stufenbereich unterhalb der Handläufe angeordnet sind. Diese verlaufen, nicht wie normativ gefordert, über die gesamte Laufbreite einer Treppe, sondern in der Stufentiefe (Auftrittsbreite = von der vorderen Trittstufenkante bis zur Setzstufe).
  • Derartig ausgeführte Stufenmarkierungen werden hin und wieder gern als Kompromisslösung von Bauherren oder auch Architekten angeboten.
  • Sie sind allerdings wenig hilfreich, da nicht beachtet wird, dass der Ablauf des Treppensteigens nahezu im Unterbewusstsein abläuft und die seitlich angeordnete Stufenmarkierung in diesem Prozess nicht im ausreichenden Maß wahrgenommen wird.
  • Ein wesentlicher Grund hierfür dürfte darin liegen, dass sich die Treppennutzer eher im mittleren Treppenbereich bewegen, wo sie ihren Blick auf die Treppe richten und nicht unmittelbar auf den Stufenseitenbereich. Vor diesen Hintergründen ist es empfehlenswert, Abstand von einer derartigen Stufenmarkierung zu nehmen.

Visueller Kontrast

 

  • Der Kontrast der vorzusehenden visuellen Stufenvorderkantenmarkierung muss zwischen dieser und dem unmittelbar angrenzenden Belag vor der untersten Setzstufe (Treppenaustritt, Treppenpodest) sowie zur Oberfläche von Setz- und Trittstufe bestehen.
  • Auch für visuelle Stufenmarkierungen ist ein ausreichender, gut wahrnehmbarer, Hell-/Dunkelkontrast (Leuchtdichtekontrast) zu gewährleisten. Die DIN 32975 fordert für die visuelle Stufenmarkierung einen nicht zu unterschreitenden Kontrastwert von 0,4. Dabei empfiehlt es sich, diesen Kontrastwert als einen Minimalwert zu betrachten.

Kontrastberechnung nach der Michelson-Formel:
   

Es ist nicht möglich den visuellen Kontrast exakt mit bloßem Auge, ohne Hilfen, bestimmen zu können. Sind die Leuchtdichtewerte der aneinandergrenzenden Flächen (beispielsweise durch Herstellerangaben) bekannt, besteht die Möglichkeit der Kontrastberechnung nach der „Michelson-Formel.“ Zu einer exakten Ermittlung des Leuchtdichtekontrastes ist es notwendig diesen zu messen. Hierzu befinden sich jedoch die unterschiedlichsten Leuchtdichte-Messgeräte auf dem Markt. Zudem kann man gegebenenfalls auch entsprechende Serviceangebote von Dienstleistern in Anspruch nehmen.

Welche Farbe ist für den Markierungsstreifen vorzusehen?

  • Zur visuellen Kennzeichnung von Stufenvorderkanten ist jeweils der Hell-/Dunkelkontrast ausschlaggebend. Die Farbwahl für den Markierungsstreifen kann hier jedoch die Erkennbarkeit unterstützen und somit erleichtern.
  • Als äußerst grobe Faustregel kann hier gelten:
    Bei hellen Belägen auf Stufen und Treppenpodesten sind Markierungsstreifen mit dunklen Farbtönen anzuordnen. In der Regel werden hierzu schwarze Markierungsstreifen verwendet. Wurden für Stufen und Treppenpodeste dunkle Beläge ausgewählt, so müssen zur Erreichbarkeit eines ausreichenden visuellen Kontrasts Markierungsstreifen mit hellen Farbtönen ausgewählt werden. Häufig
    kommen hierzu weiße oder auch gelbe Farbtöne zum Einsatz.
  • Die Bewertung, ob eine weiße oder gelbe Stufenmarkierung besser erkennbar ist, fällt oft sehr unterschiedlich aus. Sie steht in Abhängigkeit von den unterschiedlichsten Faktoren. Dazu können das individuelle Sehvermögen des Betrachters, ebenso wie Umwelteinflüsse, beispielsweise durch die Beleuchtung der Treppe, gerechnet werden.

Beleuchtung

  • Eine ausreichende Beleuchtung ermöglicht nicht nur eine Orientierung, sondern vermittelt insbesondere auch ein gutes Sicherheitsgefühl bei der Fortbewegung auf der Treppe.
  • Diesbezüglich müssen Treppen für eine sichere Nutzung angemessen und zweckmäßig beleuchtet werden. Dazu gehört zumindest eine blend- und schattenfreie sowie gleichmäßige Beleuchtung. Entstehen durch Türen Schatten oder durch Fenster unvermeidbare Lichtflecke, sollten die entstandenen Hell-/Dunkelbereiche durch eine angepasste künstliche Beleuchtung ausgeglichen werden.
  • Dabei ist zur Vermeidung von Treppenstürzen zwingend darauf zu achten, dass grundsätzlich alle Stufen einer Treppe, auch die erste und letzte Stufe, entsprechend gut beleuchtet werden. Bewährt hat sich hier, die erste Stufe unmittelbar von vorn zu beleuchten, da dies die Erkennbarkeit verbessert und dabei hilft Fehltritte zu vermeiden.
  • 💡 Beleuchtungswerte für Treppen enthält die VDI-Richtlinie 6008 „Barrierefreie und behindertengerechte Lebensräume“. Diese empfiehlt für die Tagesbeleuchtung eine Beleuchtungsstärke von 300 Lux bis 500 Lux in Augenhöhe (140 cm bis 160 cm über Oberfläche Fertigfußboden – OFF). Für die Nachtbeleuchtung sollte eine Beleuchtungsstärke von 50 Lux bis 100 Lux vorgesehen werden.
  • In öffentlich zugänglichen Gebäuden und Einrichtungen empfiehlt sich der Einsatz von Bewegungsmeldern zum automatischen Einschalten der Beleuchtung. Damit kann der Stromverbrauch bedarfsgerecht angepasst und ein mühsames Suchen des Lichtschalters für den Besucherverkehr vermieden werden. 

Sind alle Stufenvorderkanten mit einem Markierungsstreifen zu versehen?

Gemäß der DIN 32975 wird eine Stufenmarkierung auf allen Tritt- und Setzstufen gefordert.

Anordnung für Stufenvorderkantenmarkierungen:
   

Die DIN 18040-1 trifft dagegen eine differenziertere Forderung an die Anordnung für Stufenvorderkantenmarkierungen. Nach dieser sind:

a) alle Einzelstufen

b) bei Treppen bis zu drei Stufen, jede Stufe

c) in Treppenhäusern zumindest die erste sowie letzte Stufe eines Treppenlaufs, es sollten          vorzugsweise jedoch alle Stufenvorderkanten,

mit einem Markierungsstreifen ausgestattet werden.

💡 Die DIN 18040-1 fordert auch zur äußeren Erschließung von Gebäuden barrierefreie Treppen. Sie geht jedoch im Abschnitt (4.3.6.4) zu den Orientierungshilfen an Treppen nicht näher auf die visuelle Markierung von Stufenvorderkanten in Außenbereichen der Gebäude ein. Da diese Norm entsprechend ihres Anwendungsbereichs auch für die Außenbereiche anzuwenden ist, sollte hier auf eine analoge Stufenmarkierung nicht verzichtet werden. Außerdem trägt zur Erhöhung der Sicherheit eine, innerhalb der Gebäude und in deren äußeren Zugangsbereichen, durchgängig einheitliche Gestaltung und Anordnung von Orientierungshilfen an Treppen bei.

Welche Rolle spielen visuelle Orientierungshilfen an Treppen im Baurecht?

  • Gemäß des Baurechts (vgl. hierzu auch Webseite „Verkehrssicher nutzbare Treppen in öffentlich zugänglichen Gebäuden und Einrichtungen“), insbesondere der Anlage A 4.2/2 MVV TB, wird die Einführung des Abschnitts „4.3.6 Treppen“ der DIN 18040-1 auf notwendige Treppen beschränkt. Damit sind die nicht notwendigen Treppen von einer verbindlichen Anwendung des Abschnitts „4.3.6.4 Orientierungshilfen an Treppen und Einzelstufen“ ausgenommen. Der damit verbundene Verzicht auf eine sicherheitsrelevante visuelle Stufenvorderkantenmarkierung dürfte nicht im Interesse zur Senkung von Treppenstürzten stehen.
  • In diesem Zusammenhang ist eine generelle Einschränkung auf notwendige Treppen nicht nachvollziehbar und keinesfalls akzeptabel. Gibt es doch vielfach, neben den als „notwendige Treppe“ einzustufenden Treppen, durchaus noch wichtige Treppen in Gebäuden, wie beispielsweise in Bürogebäuden, Gesundheits- und Freizeiteinrichtungen, bei denen dringend auch erforderliche Sicherheitsmaßnahmen, wie gut visuell wahrnehmbare Stufenvorderkantenmarkierungen, vorgesehen werden müssen. Zudem sollte bedacht werden, dass für jeden, der sich in einem komplexen Gebäude verlaufen hat und nun vor einer Treppe steht, diese notwendig werden kann.

Zusammenfassung:
   

Fazit

  • Unstrittig dürfte sein, dass von Treppen ein hohes Unfallrisiko ausgeht. Treppenstürze mit schwerwiegenden Verletzungen oder tödlichem Ausgang sind durchaus keine Seltenheit. Um die Zahl der Betroffenen spürbar zu verringern, sind entsprechende sicherheitsrelevante Maßnahmen, insbesondere für Treppen in öffentlich zugänglichen Gebäuden und Einrichtungen, einschließlich deren zugehörenden Außenanlagen, unverzichtbar.
  • Hier spielen visuelle Orientierungshilfen an Treppen eine große Rolle. Von Bedeutung sind diese nicht nur für sehbehinderte Menschen, sondern zumindest ebenso für alle Nutzer, die eine Treppe unaufmerksam oder in Hektik begehen.
  • Dabei genügt es nicht, schlechthin nur eine Orientierungshilfe in Form einer visuellen Stufenvorderkantenmarkierung vorzusehen. Es ist zwingend notwendig ,dass diese einige Anforderungen erfüllen müssen.
  • Einer der wichtigsten Anforderungsaspekte ist, dass die visuellen Orientierungshilfen aus durchgehend, über die gesamte Laufbreite einer Treppe, verlaufenden Markierungsstreifen bestehen müssen. Diese sind sowohl an der Vorderkante der Trittstufe, als auch an der Oberkante der Setzstufe anzuordnen.
  • Ausgehend von der Sicherheitsbedeutung einer visuellen Stufenvorderkantenmarkierung, sollte diese auf jeder Stufe einer Treppe, sowie an allen Einzelstufen angeordnet werden.
  • Eine Beschränkung des Einsatzes von visuellen Orientierungshilfen auf notwendige Treppen in öffentlich zugänglichen Gebäuden und Einrichtungen gemäß des § 50 „Barrierefreies Bauen“ Abschnitt 2 der Musterbauordnung bzw. der jeweiligen Landesbauordnungen, ist aus Sicherheitsgründen nicht nachvollziehbar. 

Weiterführende Links:

© Mobilfuchs, 15.04.2023



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