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Wo bitte ist die Ampel? – Barrierefreie Ampeln im Straßenverkehr

Stehen Ampeln im Straßenverkehr, hier insbesondere dessen Fußgänger-Grünphase, nicht schon allein für barrierefreie Ampeln? Bieten sie doch die Möglichkeit hindernisfrei über eine stark befahrene Straße zu gelangen. Ist die Forderung nach barrierefreien Ampeln von daher überhaupt sinnvoll?

 

Bildbeschreibung: Das Bild zeigt einen älteren Mann, wie er gerade bei grün die Straße überquert. Ende der Beschreibung.
Älterer Mann überquert eine Straße bei grüner Ampel
Photo by Vnukko on Pixabay

 

    • Diese Aussage scheint auf den ersten Blick logisch. Spätestens in der Schule lernt doch schon jedes Kind was die farbig aufleuchtenden Lichtzeichen an einer Verkehrsampel bedeuten. So ist sichergestellt, dass die überwiegende Zahl der Fußgänger sicher über die Fahrbahn gelangen oder der Autoverkehr ungehindert über die Kreuzung rollen kann.
    • Aber was ist mit blinden oder sehbehinderten Menschen, die die farbig aufleuchtenden Lichtzeichen nicht im erforderlichen Maß erkennen können? In ähnlich schwierige Situationen, etwa bei starker Sonnenlichteinstrahlung oder dem Durchfahren von Nebelbänken, sind bestimmt schon alle einmal geraten. In diesem Moment richtig zu handeln ist nicht ohne weiteres möglich.

 

    • Es wird deutlich, dass Verkehrsampeln mit Einrichtungen für blinde und sehbehinderte Menschen barrierefrei gestaltet und ausgerüstet werden müssen, die ihnen die Fußgänger-Grünphase eindeutig und unmissverständlich signalisieren.
    • Im Rahmen eines Mobilitäts- und Orientierungstrainings können blinde und sehbehinderte Menschen lernen, die taktilen und akustischen Zeichen zu erkennen und richtig zu interpretieren. Somit erhöht sich für sie die Möglichkeit einer selbständigen und vor allem sicheren Orientierung im Straßenraum.

💡 Daher befasst sich diese Website mit der Notwenigkeit und den Möglichkeiten einer barrierefreien Verkehrsampelgestaltung für blinde und sehbehinderte Menschen.

Was ist eine Ampel?

Eine Ampel im Straßenverkehr ist eine Beleuchtungsanlage, welche dort automatisch die Regelung von Verkehrsabläufen für den Fußgänger-, Fahrzeug- und Schienenverkehr steuert. Durch ihre unterschiedlichen Signale (nach Farbe und Form) werden die Verkehrsteilnehmer zur Vornahme und Einhaltung einer bestimmten Handlung aufgefordert.

    • Die heute umgangssprachliche Bezeichnung „Ampel“ oder auch „Verkehrsampel“ steht für einen Signalgeber von Lichtsignalanlagen (LSA) bzw. einer Lichtzeichenanlage (LZA). Die Bezeichnung „Ampelanlage“ bezieht sich dagegen auf die gesamte Lichtsignalanlage oder Lichtzeichenanlage.
    • Für die Bezeichnung der Verkehrsampeln werden in den verkehrsrechtlichen Verordnungen der deutschsprachigen Länder verschiedene Begriffe verwendet. Während sie in Deutschland im § 43 StVO als Lichtzeichen (LZA) bezeichnet wird, sprechen die Signalisationsverordnung (SSV) zum schweizerischen Straßenverkehrsgesetz sowie die österreichische Straßenverkehrsordnung (§ 39) von einer Lichtsignalanlage (LSA).
    • In den deutschen und schweizerischen Technischen Regelwerken findet die Bezeichnung Lichtsignalanlage Verwendung. Die Verordnungen und Richtlinien Österreichs sprechen dagegen von Verkehrslichtanlagen (VLSA). In einigen Normen ist auch die Rede von
      Straßenverkehrs-Signalanlagen (SVA).
    • Bei der Vielzahl von möglichen Bezeichnungen für die Verkehrsampel kann man sich doch glücklich schätzen, dass in Fachkreisen aller drei deutschsprachigen Länder für die Verkehrsampel auch der Begriff Lichtsignalanlage gebräuchlich ist.

Welche Aufgabe hat eine barrierefreie Ampel im Straßenverkehr?

Lichtsignalanlagen sollen auf die Gefahr vor Staus hinweisen und zur Optimierung der Verkehrsabläufe beitragen. Sie können auf Nässe, Baustellen und Unfälle hinweisen.

Mit Hilfe von Dauerlichtzeichen kann eine Sperrung oder die Freigabe für das Befahren von Verkehrsflächen erfolgen.

Die Hauptaufgabe einer Lichtsignalanlage besteht jedoch in der Erhöhung der Verkehrssicherheit. Dieser grundsätzliche Anspruch besteht gleichfalls für alle Verkehrsteilnehmer, da die gesetzlichen Bestimmungen keine Personengruppe davon ausschließt.

Gibt es verbindliche Regelungen zur Gestaltung barrierefreier Ampeln?

Verbindliche Regelungen zur barrierefreien Ampelgestaltung:
 Für eine barrierefreie Gestaltung der Lichtsignalanlagen (elektronische Systeme) sind in Deutschland vornehmlich die

a) „Richtlinien für Lichtsignalanlagen (RiLSA) sowie die
b) DIN 32981 „Einrichtungen für blinde und sehbehinderte Menschen an Straßenverkehrs-               Signalanlagen (SVA) – Anforderungen“ von grundlegender Bedeutung.

 

Bei einer gesamtheitlichen Betrachtung einer barrierefreien Gestaltung von Fußgängerquerungsstellen an Kreuzungen und Furten sind die DIN 18040-3 sowie die DIN 32984 zu berücksichtigen. Da diese nicht unmittelbar zur barrierefreien Gestaltung des elektronischen Systems einer Lichtsignalanlage beitragen, soll auf dieser Website nicht näher auf diese eingegangen werden.

RiLSA

 

    • In Deutschland sind die „Richtlinien für Lichtsignalanlagen (RiLSA)“ ein anerkanntes und anzuwendendes technisches Regelwerk. Sie dienen der Planung sowie dem Betrieb von Lichtsignalanlagen. Das maßgebliche Regelwerk wird von der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen e. V. (FGSV) erarbeitet.
    • Nach der RiLSA ist die Ausstattung von Fußgängerfurten einer Lichtsignalanlage mit blindenspezifischen Einrichtungen auszurüsten, wenn diese von den Betroffenen regelmäßig genutzt werden. Dabei soll eine Abstimmung mit den örtlichen Blinden- und Sehbehindertenverbänden erfolgen.

Die RiLSA bezieht sich in Bezug auf die Gestaltung der blindenspezifischen Einrichtungen unter anderem auch auf die DIN 32981, sodass die Norm entsprechend anzuwenden ist.

DIN 32981

 

    • Die DIN 32981 „Einrichtungen für blinde und sehbehinderte Menschen an Straßenverkehrs- Signalanlagen (SVA) – Anforderungen“ enthält die blindenspezifischen Einrichtungen, welche für die barrierefreie Nutzung der Lichtsignalanlagen für die Betroffenen unerlässlich sind. Darüber hinaus beschreibt sie die zu erfüllenden Anforderungen der blindenspezifischen Einrichtungen einer Lichtsignalanlage.
    • Die Norm befasst sich weiterhin mit den technischen Sicherheitsanforderungen von Lichtsignalanlagen, deren Kommunikations- und Datenschnittstellen sowie der Typprüfung der Signalgeber. Zur Erhaltung der Funktionsfähigkeit der blindenspezifischen Einrichtungen enthält sie auch einzuhaltende Vorgaben zur Wartung.
    • Die DIN 32981 ist im öffentlichen Verkehrsraum für stationäre und transportable Lichtsignalanlagen an Kreuzungen und Fußgängerfurten anzuwenden. Die Norm verweist auch darauf, dass, je nach Situation, wie beispielsweise für die Gleiskörperquerung von Straßen- oder Eisenbahnen, weitere ergänzende Vorschriften zu beachten sind.

 Mit Zunahme der Mobilität blinder und sehbehinderter Menschen vergrößert sich auch deren Aktionsradius. Aus diesem Grund sieht die Norm eine Notwendigkeit zur Vereinheitlichung der blindenspezifischen Einrichtungen an Lichtsignalanlagen. Damit sollen Fehlinterpretationen der akustischen und taktilen Signalisierung, die zu Unfällen führen können, vermieden werden.

💡 Zu den Fragen:                                                                                                                           a) welche lichtsignalgesteuerten Kreuzungen und Fußgängerfurten mit blindenspezifischen                      Einrichtungen auszurüsten sind und
b) welche taktilen und akustischen Signale Verwendung finden sollen,

empfiehlt die DIN 32981 eine gemeinsame Absprache zwischen den zuständigen kommunalen Behörden sowie den Vertretern der Blindenselbsthilfe.

Wie ist eine Lichtsignalanlage zu gestalten, damit sie für Blinde und sehbehinderte Verkehrsteilnehmer nutzbar ist?

    • Die visuellen Lichtzeichen einer Lichtsignalanlage müssen für blinde und sehbehinderte Menschen durch spezielle Einrichtungen so aufbereitet werden, dass sie gleichzeitig taktil und akustisch wahrnehmbar sind . Das heißt, die Gestaltung muss nach dem Zwei-Sinne-Prinzip erfolgen.

Blindenspezifische Einrichtungen einer Lichtsignalanlage:

a) ein akustisches Orientierungssignal sowie
b) ein akustisches und taktiles Freigabesignal für die Anzeige der Fußgänger-Grünphase. 

Die Abgabe der akustischen und taktilen Freigabesignale für die Anzeige der Fußgänger-Grünphase kann automatisch über die Signalsteuerung der Lichtsignalanlage erfolgen.

    • Um jedoch die Umgebung einer Lichtsignalanlage nicht unnötig zu beschallen, erfolgt im Bedarfsfall zunehmend die Anforderung der Freigabesignale für blinde und sehbehinderte Fußgänger durch das betätigen eines zusätzlichen Anforderungstasters am Anforderungsgerätes des Verkehrsampelmastes.
    • 💡 Die Lautstärkepegel der akustischen Orientierungs- und Freigabesignale müssen so eingestellt sein, dass sie „ohne besondere Erschwernis“ (nach § 4 BGG) wahrnehmbar sind.
    • Gemäß der DIN 32981 muss der untere Lautstärkepegel der akustischen Orientierungs- und Freigabesignale mindestens 35 dB (A) betragen.
      Von dieser zulässigen Einstellungsmöglichkeit wird vielerorts Gebrauch gemacht. In der Folge sind diese akustischen Signale jedoch kaum, bei hohen Verkehrsaufkommen nicht, “ ohne besondere Erschwernis “ zu hören.
    • In diesem Zusammenhang sind die Hinweise, dass den Bedürfnissen blinder und sehbehinderter Menschen nach normativen Vorgaben Rechnung getragen wurde, blinde Menschen über ein besonders gut geschultes Hörvermögen verfügen und die Umwelt nicht unnötigerweise beschallt wird, wenig hilfreich. Nicht bedacht wird, dass neben einer Sehbeeinträchtigung auch häufig eine herabgesetzte Leistungsfähigkeit des Hörvermögens vorliegt. Dies gilt auch insbesondere für ältere Menschen. Was den Betroffenen bleibt ist die Wahl zwischen einer erhöhten Inkaufnahme der Gefährdung oder dem freiwilligen Verzicht der Teilnahme am gesellschaftlichen Leben.

Akustisches Orientierungssignal

 

    • Das akustische Orientierungssignal zeigt blinden und sehbehinderten Fußgängern die Position der Fußgängerfurt im Verkehrsraum an und soll das Auffinden des Signalgebermastes, der mit dem Anforderungstaster für das akustische und taktile Freigabesignal für die Fußgänger-Grünphase ausgerüstet ist, erleichtern. Zudem empfiehlt die DIN 32981 zusätzlich die Lichtsignalanlage mit Bodenindikatoren gemäß DIN 32984 auszurüsten.

 

    • Das akustische Orientierungssignal erleichtert die Orientierung für Menschen, die neben einer Sehbeeinträchtigung durch weitere motorische (z. B. Gleichgewichtsstörungen) oder Sensorische Störungen, Probleme beim zielgerichteten Auffinden des Verkehrsampelmastes haben.
    • Ein Verzicht auf das akustische Orientierungssignal ist auch dann nicht möglich, wenn das Auffinden der Lichtsignalanlage mit Hilfe von Bodenindikatoren unterstützt wird. Von Menschen die zusätzlich zur Sehbeeinträchtigung an Sensibilitätsstörungen in Armen und Beinen, wie es häufig bei Diabetikern der Fall ist, leiden, können taktile Informationsangebote nur bedingt genutzt werden. Daher sind sie verstärkt auf akustische Orientierungshilfen angewiesen.

💡 Zudem muss auch bedacht werden, dass bei Verschmutzungen sowie widrigen Witterungsbedingungen, wie Laub- und Schneefall, die Nutzbarkeit von Bodenindikatoren eingeschränkt sein kann.

Anforderungen an das akustische Orientierungssignal

    • An den Verkehrsampeln ist ein Signalgeber für das akustische Orientierungssignal anzuordnen. Nach DIN 32981 bewirkt der Signalgeber ein Geräusch mit einer Taktfrequenz von 1,2 Hz ± 0,1 Hz.
    • Das Tackgeräusch des Orientierungssignals muss sich unmissverständlich vom akustischen Freigabesignal zur Fahrbahnquerung für den Fußgänger unterscheiden lassen. Zudem wird gefordert, dass das Tacken des Orientierungssignals getrennt vom akustischen Freigabesignal wahrgenommen werden kann.
    • Damit das Orientierungssignal wahrnehmbar ist, muss es in einer Entfernung von 450 cm (± 50 cm), im Umkreis des Verkehrsampelmastes zu hören sein. Dabei muss die Anordnungshöhe des Signalgebers zwischen 210 cm und 250 cm über der Bodenoberfläche erfolgen. Ergänzend besteht die Möglichkeit, das Orientierungssignal auch über den Anforderungstaster abzustrahlen. Dies ist jedoch nur zulässig, wenn gewährleistet ist, dass das Mikrofon und der Lautsprecher zum Beispiel durch davorstehende Personen nicht abgeschirmt werden.
    • Die DIN 32981 legt fest, dass sich der Dauerschalldruckpegel des akustischen Signals zur Orientierung automatisch auf 3 dB (A) (± 3 dB (A)) über dem jeweiligen Umgebungsgeräuschpegel einstellen muss. Der Wert des Geräuschpegels des Orientierungssignals darf nicht unter 35 dB (A) fallen und bei entsprechend ansteigenden Umgebungsgeräuschpegel 90 dB (A) nicht übersteigen.
    • Die DIN 32981 empfiehlt beim Anstieg des Umgebungsgeräuschpegels, auch einen Anstieg des Orientierungssignalpegels von mindestens 80 dB (A)/s. Fällt der Umgebungsgeräuschpegel ab, so sollte auch der Orientierungssignalpegel in einer Schnelligkeit von maximal 20 dB (A)/s abfallen.
    • In Wohngebieten ist eine dem Bedarf angepasste Regelung von 1 dB (A)/s bis 100 dB (A)/s sicherzustellen. 

Zur Sicherheit gegen mechanische Einwirkungen (z. B. Vandalismus) sind die Lautsprecher mit einem Gitter zu schützen.

LOC.id

    • Insbesondere das ständig ertönende akustische Orientierungssignal von Lichtsignalanlagen führt nicht selten zur Belästigung der Bürger in Wohngebieten. Hinzu kommen Wind und thermische Einflüsse die die Schallausbreitung und damit diesen Effekt zusätzlich negativ verstärken können. Die Forderung nach einer Abschaltung der akustischen Signale liegt nah, obwohl diese für die selbständige Mobilität blinder und sehbehinderter Menschen unentbehrlich sind.
    • Eine Lösung des bestehenden Interessenkonflikts kann hier unter Umständen das von der Firma RTB GmbH & Co. KG entwickelte LOC.id bieten. Hierbei handelt es sich um ein auf Bluetooth basierendes System. Mit dessen Hilfe kann die Lautstärke des akustischen Orientierungssignals je nach Bedarf geregelt werden. Bei Annäherung eines blinden oder sehbehinderten Fußgängers an eine mit LOC.id ausgerüsteten Lichtsignalanlage wird der Lautstärkepegel des Orientierungssignals deutlich hörbar angehoben. Dagegen fällt der Lautstärkepegel beim Verlassen der lichtsignalgesteuerten Kreuzung wieder soweit ab, dass eine akustische Belästigung des Umfeldes ausgeschlossen werden kann. Das System LOC.id kann sowohl mit einem Handsender als auch alternativ über eine App von einer autorisierten blinden oder sehbehinderten Person angesteuert werden. Auf diese Weise wird eine sichere Mobilität für blinde und sehbehinderte Verkehrsteilnehmer gewährt, ohne die Anwohner unnötig in ihrer Ruhe zu stören.
    • Der Nachteil dieses Systems liegt darin, dass der Nutzer über ein Smartphone oder ein zusätzliches Handgerät verfügen muss. Der Einsatz und die eventuell gleichzeitige Handhabung einer Vielzahl zusätzlicher Hilfsmittel (z. B. verschiedene App’s, Handgeräte, Blindenlangstock, Blindenführhund) für eine selbständige Fortbewegung führt für die Betroffenen zu einer kaum zu bewältigenden Belastung und einer Ablenkung von der Konzentration auf das Verkehrsgeschehen. 

Akustisches Freigabesignal

Das akustische Freigabesignal hat für blinde und sehbehinderte Verkehrsteilnehmer eine unentbehrliche Doppelfunktion zu erfüllen. Es dient zur Ankündigung der Grünphase für den Fußgängerverkehr sowie der Anzeige der Überquerungsrichtung. 

 

    • Dabei zeigt das akustische Freigabesignal nicht nur den Beginn der Grünphase, sondern auch gleichzeitig dessen Ende an.
      Aufgrund einer häufig verringerten Gehgeschwindigkeit von Menschen mit Sehbeeinträchtigungen und einer verkürzen Grünphase ist die Anzeige deren Ende für die Betroffenen von Bedeutung. Mit dem verstummen des akustischen Freigabesignals, während der Fahrbahnquerung, übernimmt das vom gegenüberliegenden Verkehrsampelmast abgestrahlte Orientierungssignal die akustische Richtungsführung.
    • 💡 Das akustische Freigabesignal dient während der Fahrbahnquerung weiterhin zur Korrektur der Gehrichtung, was insbesondere bei der Querung mehrspuriger Fahrbahnen von essentieller Bedeutung ist.
    • Es trägt auf diese Weise maßgeblich dazu bei, dass blinde und sehbehinderte Fußgänger geradlinig und sicher, also auf dem kürzesten Weg, die Fahrbahn überqueren können. Dazu wird das akustische Freigabesignal vom Signalgeber gezielt in die Fußgängerfurt abgestrahlt. Sein Schalldruckpegel soll so eingestellt sein, dass das Signal noch in einem Abstand von 2/3 der Furtlänge gut gehört werden kann. Auf diese Weise entsteht zwischen zwei sich gegenüberstehenden Verkehrsampelmasten eine Art „akustische Leitlinie“.
    • Das akustische Freigabesignal muss über die gesamte Grünphase für die Fußgänger abgegeben werden.

 

An dieser Stelle ist es für blinde und sehbehinderte Fußgänger wichtig zu wissen: Wenn während einer bestehenden Grünphase das Freigabesignal angefordert wird, erfolgt dessen Abgabe erst mit Beginn der folgenden Grünphase. Dies stößt, insbesondere bei mobilen Nutzern, nicht immer auf Verständnis. Aus Gründen der Verkehrssicherheit soll damit jedoch garantiert werden, dass blinden und sehbehinderten Menschen die volle Dauer einer Grünphase zum Überqueren der Fahrbahn zur Verfügung steht.

Anforderungen an das akustische Freigabesignal

 

    • Für das akustische Freigabesignal ist ein getaktetes Signal zu verwenden. Dessen Taktfrequenz beträgt 4 Hz ± 0,2 Hz.
    • Die DIN 32981 regelt, dass innerhalb einer Fußgängerfurt für das Freigabesignal nur eine Taktfrequenz verwendet werden darf. Bei mehreren Fußgängerfurten sind zu deren Unterscheidung für die Freigabesignale verschiedene Taktfrequenzen, wie beispielsweise 6 Hz ± 0,2 Hz, zu wählen.

Möglichkeiten der Tonfrequenz für das harmonische Signal:
   

Für das harmonische Signal sieht die Norm zwei Möglichkeiten für die Tonfrequenz vor:

      1. ein Gemisch aus drei Frequenzen, die erste Frequenz (auch als Grundfrequenz bezeichnet) mit 880 Hz ± 50 Hz, die zweite Frequenz mit 2.640 Hz und die dritte Frequenz mit 3.520 Hz; Dabei muss der Pegel der zweiten und dritten Frequenz stets 6 dB (A) ± 3 dB (A) unter dem Pegel der ersten Frequenz liegen; 
      2.  eine Tonfrequenz von 880 Hz ± 50 Hz.

 

    • Der Schalldruckpegel des akustischen Freigabesignals für die Fußgänger-Grünphase muss entsprechend der Furtlänge mindestens 8 dB (A) über dem Umgebungsgeräuschpegel liegen.
      Die DIN 32981 legt fest, dass sich der Dauerschalldruckpegel des akustischen Freigabesignals automatisch auf 3 dB (A) (± 3 dB (A)) über dem jeweiligen Umgebungsgeräuschpegel einstellen muss.
    • Nach DIN 32981 muss beim Anstieg des Umgebungsgeräuschpegels, auch ein Anstieg des Freigabesignals von mindestens 80 dB (A)/s erfolgen. Fällt der Umgebungsgeräuschpegel ab, so muss auch der akustische Freigabesignalpegel in einer Schnelligkeit von maximal 20 dB (A)/s abfallen.
    • Die Anordnungshöhe des Signalgebers für das akustische Freigabesignal muss zwischen 210 cm und 250 cm über der Bodenoberfläche erfolgen.
    • Für die deutliche Wahrnehmung des akustischen Freigabesignals ist zu gewährleisten, dass das Mikrofon und der Lautsprecher nicht abgeschirmt werden.
    • Damit die akustische Freigabesignalisierung unmissverständlich einer Fußgängerfurt zu geordnet werden kann, müssen die Verkehrsampelmasten verschiedener Fußgängerfurten mindestens 5 m voneinander entfernt stehen. Wird dieser Abstand unterschritten, müssen ergänzend taktile Freigabesignalgeber vorgesehen werden.

Zur Sicherheit gegen mechanische Einwirkungen (z. B. Vandalismus) sind die Lautsprecher des akustischen Freigabesignalgebers mit einem Gitter zu schützen.

Taktile Freigabesignalgeber

 

    • Auf Anforderung soll ein taktiler Freigabesignalgeber, beispielsweise durch Vibrationen, die Fußgänger-Grünphase anzeigen.
    • Die Funktion des taktilen Freigabesignals für die Fußgängergrünphase soll im Bedarfsfall das akustische Freigabesignal bestätigen. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn ähnliche akustische Signale wahrnehmbar sind, was eine eindeutige Signalzuordnung erschwert oder ein übermäßig starkes Umgebungsgeräusch das akustische Freigabesignal übertönt. Von wesentlicher Bedeutung zur Orientierung ist das taktile Freigabesignal für hörsehbehinderte oder taubblinde Menschen.
    • Aus diesen Gründen ist zu empfehlen, die taktilen und akustischen Freigabesignale für die Anzeige der Fußgänger-Grünphase nur in Kombination zu verwenden.

Bedingungen für alleinige Ausrüstung von Lichtsignalanlagen mit taktilen Freigabesignalgebern:
   

Die alleinige Ausrüstung von Lichtsignalanlagen mit taktilen Freigabesignalgebern ist nach DIN 32984 nur unter folgenden Bedingungen zulässig:

a) es besteht eine zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h;
b) die zu querende Straße verfügt über keine Fahrbahnteiler;
c) die Fahrbahn und die Fußgängerfurt befinden sich im rechten Winkel;
d) es sind nicht mehr als zwei Fahrspuren zu queren.

Zudem muss gewährleistet sein, dass die taktilen Freigabesignalgeber durch ihre Umgebung nicht in Schwingungen versetzt werden.

Aus Gründen

a) der schnellen Auffindbarkeit;
b) zum Schutz vor Witterungseinflüssen (Vereisungen) und 
c) zum Schutz vor Vandalismus

sollten die taktilen Freigabesignalgeber stets an der Unterseite des Anforderungsgerätes angeordnet werden.

Der Unterschied zwischen taktilen und akustischen Freigabesignalgeber

 

    • Um das taktile Freigabesignal wahrnehmen zu können, bedarf es einer direkten Kontaktaufnahme mit dem taktilen Freigabesignalgeber an der Unterseite des Anforderungsgerätes. Mit Beginn dessen Vibration, welche die Fußgängergrünphase anzeigt, zieht man den Finger zurück und quert die Fahrbahn. Während der Fahrbahnquerung hat man zum taktilen Freigabesignalgeber keinen unmittelbaren Kontakt. Die fehlende Leitfunktion des taktilen Freigabesignalgebers erschwert eine geradlinige Fahrbahnquerung deutlich um auf dem kürzesten Weg die gegenüberliegende Furtseite zu erreichen.
    • Dagegen ist beim akustischen Freigabesignal keine unmittelbare Kontaktaufnahme mit dem Signalgeber erforderlich. Das akustische Signal ist von jeder Position aus in der Fußgängerfurt wahrnehmbar und gestattet eine Orientierung während der Querung anhand der Schallquelle. Durch das Zubewegen auf das vom gegenüberliegenden Verkehrsampelmast abgestrahlte akustische Signal wird eine geradlinige Fahrbahnquerung ermöglicht. Diese Leitfunktion der akustischen Signalisierung während der Fahrbahnquerung ist sehr vorteilhaft und zur Orientierungserleichterung erwünscht.

Der Richtungspfeil des taktilen Freigabesignalgebers

Um blinden und sehbehinderten Fußgängern die Verlaufsrichtung der Fußgängerfurt anzuzeigen, ist der taktile Freigabesignalgeber (vibrierende Fläche) mit einem Richtungspfeil zu versehen (vgl. unten Bild 1). Dieser muss so ausgerichtet sein, dass er die exakte Gehrichtung zur Mittelachse der gegenüberliegenden Furtseite anzeigt.

Bildbeschreibung: Bild 1: Draufsicht und Querschnitt eines nach rechts weisenden Richtungspfeil auf einen runden taktilen Freigabesignalgeber. Ende der Beschreibung.
Bild 1 : Taktiler Freigabesignalgeber mit Richtungspfeil
© Mobilfuchs

Der Richtungspfeil ist keilförmig zu gestalten. Seine Länge muss mindestens 25 mm, vorzugsweise jedoch 40 mm, betragen. Für seine taktile Wahrnehmbarkeit ist eine Erhabenheit von 3 mm vorzusehen.

Zur Darstellung der jeweilig anzutreffenden Situation im Querungsbereich sind ergänzend taktile Informationen auf dem Richtungspfeil vorzusehen.

a) Befinden sich mehrere Fußgängerfurten hintereinander, die über jeweils eine separate Anforderung der Freigabesignale verfügen, ist dies auf dem Richtungspfeil mit einem 1,5 mm erhabenen Punkt zu kennzeichnen (vgl. unten Bild 2).

Bildbeschreibung: Bild 2: Draufsicht und Querschnitt eines nach rechts weisenden Richtungspfeils mit Zusatzinformation auf einen runden taktilen Freigabesignalgeber. Ende der Beschreibung.
Bild 2:  Taktiler Richtungspfeil mit Zusatzinformation („Punkt“) zur Anzeige von Mittelinseln mit separater Anforderung der Freigabesignale für die Fußgänger-Grünphase.
© Mobilfuchs

b) Ist eine Fußgängerfurt zu queren, in deren Mitte sich ein Fahrbahnteiler (Mittelinsel) ohne Möglichkeit einer erneuten Signalanforderung befindet, ist auf dem Richtungspfeil ein erhabener Querbalken anzuordnen. Dieser muss mindestens über eine Höhe von 1 mm und eine Breite von 2 mm aufweisen (vgl. unten Bild 3).

Bildbeschreibung: Bild 3: Draufsicht und Querschnitt eines nach rechts weisenden Richtungspfeils mit Zusatzinformation auf einen runden taktilen Freigabesignalgeber. Ende der Beschreibung.
Bild 3: Taktiler Richtungspfeil mit Zusatzinformation („erhabener Querbalken“) zur Anzeige von Mittelinseln ohne separate Anforderung der Freigabesignale für die Fußgänger-Grünphase
© Mobilfuchs

c) Gleiskörperquerungsstellen für Straßenbahnen oder Sonderfahrstreifen für Busse, welche zwischen zwei aufeinander folgenden Furten liegen und nicht in deren Signalisierung einbezogen sind, müssen mit einer quer verlaufenden Einkerbung im Richtungspfeil angezeigt werden. Der rechtwinkelige Querschnitt der Einkerbung muss über eine 2 mm Tiefe und 4 mm Breite verfügen. Sind sich in Seitenlage der Fahrbahnen befindende Gleiskörperquerungsstellen für Straßenbahnen oder Sonderfahrstreifen für Busse nicht in die Signalisierung einbezogen, gilt die taktile Kennzeichnung mit einer Einkerbung entsprechend (vgl. unten Bild 4).

Bildbeschreibung: Bild 4: Draufsicht und Querschnitt eines nach rechts weisenden Richtungspfeils mit Zusatzinformation auf einen runden taktilen Freigabesignalgeber. Ende der Beschreibung.
Bild 4: Taktiler Richtungspfeil mit Zusatzinformation („querverlaufende Einkerbung“) zur Anzeige von nicht in die Signalisierung einbezogene Gleiskörperquerungsstellen oder Sonderfahrstreifen, welche zwischen zwei aufeinander folgenden Furten liegen
© Mobilfuchs

Für die ergänzende Informationsdarstellung auf den Richtungspfeilen ist jeweils nur eines der beschriebenen Symbole zu verwenden.

 Bei der Kennzeichnung mit taktil ergänzenden Informationen ist nach DIN 32981 die Verwendung folgender Prioritätenzuordnung zu beachten:

a) Priorität 1: Schienenverkehr, der nicht in die Signalisierung einbezogen wurde
b) Priorität 2: Erforderlichkeit einer erneuten Anforderung eines Freigabesignals
c) Priorität 3: Fußgängerfurt mit Mittelinsel ohne erneute Anforderung des Freigabesignals

Lichtsignalanlagen, die nicht mit taktilen Freigabesignalgebern ausgestattet werden, sollten an der Unter- oder Oberseite des Anforderungsgerätes einen taktilen Richtungspfeil zur Anzeige des Furtverlaufs erhalten.

Anforderungsgerät

 

    • Die Anforderungsgeräte der Lichtsignalanlagen mit Bedarfsanforderung sind an ihrer Unterseite mit einem weiteren Anforderungstaster auszurüsten. Mit der Betätigung dieses speziellen Tasters ist es möglich, neben der visuellen Fußgänger-Grünphase, auch gleichzeitig das akustische und taktile Freigabesignal für blinde und sehbehinderte Fußgänger anzufordern. Darüber hinaus sollte dieser ebenfalls das taktile Freigabesignal vermitteln können.
    • Der bei der Anforderung vom beweglichen Tasterteil zurückzulegende Weg muss mindestens 4 mm betragen, damit ein Druckpunkt wahrgenommen werden kann.
    • Das Anforderungsgerät ist an der dem Gehweg zugewandten Seite des Verkehrsampelmastes anzuordnen. Dabei soll die Anordnungshöhe der Mittelachse des Anforderungsgerätes in ca. 85 cm über der Bodenoberfläche liegen.

Besondere Herausforderungen an Lichtsignalanlagen für ältere und behinderte Fußgänger

    • An Lichtsignalanlagen können eine Reihe von Umständen für ältere und behinderte Menschen zu Herausforderungen führen.
    • Zu diesen gehören beispielsweise die oft zu kurzen Grünphasen für Fußgänger zur Fahrbahnquerung sowie die Abschaltung der akustischen Orientierungs- und Freigabesignale für Blinde und sehbehinderte Verkehrsteilnehmer in den Nachtstunden.
    • Aber auch Haltegriffe für Radfahrer an Verkehrsampelmasten und zu tief installierte Fahrradampeln können die Nutzung der Lichtsignalanlage für den Fußgängerverkehr einschränken. Gefährdungen durch diese sind nicht gänzlich auszuschließen.
    • Moderne Steuerungssysteme für Lichtsignalanlagen, wie beispielsweise berührungslose und kameragesteuerte Systeme, sind nicht immer, insbesondere für ältere und behinderte Fußgänger, zugänglich und barrierefrei nutzbar. Dadurch besteht die Gefahr, dass sie von der Teilnahme am öffentlichen Verkehr ausgeschlossen werden. 

Aufgrund der sich möglicherweise zahlreich ergebenden Schwierigkeiten an Lichtsignalanlagen, soll hier nur auf einige wenige etwas ausführlicher eingegangen werden.

Grüner Rechtsabbiegepfeil für Kraftfahrer

 

    • Beim grünen Rechtsabbiegepfeil für Kraftfahrer handelt es sich um das Verkehrszeichen 720 StVO „Grünpfeil“. Dieses gestattet dem Kraftfahrer das Rechtsabbiegen bei rotem Lichtzeichen.
    • Unumstritten ist, dass der „Grünpfeil“ in einigen Fällen den Fahrzeugfluss beschleunigt. Für den Rad- und Fußgängerverkehr erhöht er jedoch das Unfallrisiko. Die Verbesserung des Fahrzeugflusses darf nicht auf Kosten der Verkehrssicherheit für die schwächsten Verkehrsteilnehmer erfolgen.
    • An signalgesteuerten Kreuzungen stellt der abbiegende Autoverkehr eine große Gefahr dar. Die Hauptursache ist darin zu sehen, dass die abbiegenden Fahrzeuge zur gleichen Zeit die freigegebenen Verkehrswege von Fußgängern und Radfahrern queren dürfen. So ist es nicht verwunderlich, dass in die Abbiegeunfälle oftmals mobilitätseingeschränkte und ältere Menschen verwickelt sind.
    • Das Rechtsabbiegen bei Rot erfordert vom Fahrzeugführer nicht nur die Konzentration auf den stattfindenden Verkehrsfluss, sondern zudem eine Konzentration auf den querenden Fußgängerverkehr. Dies führt nicht selten dazu, dass zögerlichen Fußgängern oftmals zu wenig Augenmerk geschenkt wird.
    • Befürworter des „Grünpfeil“ argumentieren häufig damit, dass das abbiegende Fahrzeug kurz anhalten muss. Beobachtungen zeigen jedoch, dass dieses vorschriftsmäßige und korrekte Verhalten leider oftmals nicht die Regel ist.
    • An freigegebenen Fußgängerfurten bedeutet der querende Autoverkehr eine zusätzliche Gefahr für die Fußgänger, was von ihnen eine schnelle und richtige Situationseinschätzung erfordert. Von Kindern kann diese noch nicht erwartet werden. Auch ältere Verkehrsteilnehmer können dieser Herausforderung aufgrund einer mitunter stark verzögerten Reaktionsfähigkeit nicht gerecht werden.
    • Für blinde und sehbehinderte Verkehrsteilnehmer wird das Verkehrsgeschehen akustisch chaotisch und unkalkulierbar, was eine sichere selbständige Fahrbahnquerung kaum noch ermöglicht.
      Mit Einführung des „Grünpfeils“ wurde die, bis dahin für die Betroffenen geltende, Behelfsregel bei der Fahrbahnquerung lichtsignalgesteuerter Kreuzungen: „Gehen mit dem anfahrenden Parallelverkehr“, außer Kraft gesetzt.

 Weitergehende Informationen zum „Grünpfeil“ finden Sie unter: „Grünpfeil“ oder „Grüner Pfeil“? – Die „Grünpfeil-Regelung“.

Grüner Rechtsabbiegepfeil für Radfahrer 1 Newsletter Umwelt & Verkehr Nr. 09/2019 vom 24.04.2019 Pilotprojekt: Grüner Rechtsabbiegepfeil für Radfahrer

    • Vor geraumer Zeit wurde der Grüne Rechtsabbiegepfeil für Radfahrer in die StVO aufgenommen. Dieser entspricht Zeichen 720 StVO. Bringt diese Regelung Vorteile für alle Verkehrsteilnehmer?
    • Der vorgesehene Grüne Rechtsabbiegepfeil an Kreuzungen für Radfahrer gefährdet die Verkehrssicherheit für alle Fußgänger erheblich – und hier insbesondere für blinde und sehbehinderte Verkehrsteilnehmer.
    • Es ist zwar zunächst nachvollziehbar, Abbiegeunfälle mit Fahrradfahrern durch deren rechtzeitiges Verlassen des Gefahrenbereichs zu vermeiden, jedoch ist es umso unverständlicher, dafür eine Lösung zu wählen, die andere Verkehrsteilnehmer umso mehr gefährdet. Zumal durch diese, die Missachtung der Regelbeachtung durch Fahrradfahrer gefördert wird. 

 Der Fahrradverkehr ist lautlos und kann von blinden und hochgradig sehbehinderten Verkehrsteilnehmern nicht rechtzeitig wahrgenommen werden. Die selbständige Fahrbahnquerung stellt, auch an lichtsignalgesteuerten Kreuzungen, für die Betroffenen eine große Herausforderung dar. Hier müssen sich blinde und sehbehinderte Menschen auf die taktilen und akustischen Freigabesignale an den Lichtsignalanlagen verlassen können, dass für sie eine ungefährdete Fahrbahnquerung möglich ist.

 

    • Dürfen nun offiziell, durch den „Grünpfeil“, Fahrradfahrer die Fußgängerfurt queren, ohne dass man diese hört, besteht ein konkretes Unfallrisiko. Darüber hinaus wird in Folge der Tatsache, dass sich Fußgänger auf ihren zugewiesenen Verkehrsflächen nicht mehr sicher fühlen können, deren Bereitschaft zur selbständigen Mobilität maßgeblich eingeschränkt.
    • Unumstritten dürfte sein, dass die Regelungen ein Abbiegen nur nach vorherigem Halt und unter Rücksichtnahme auf Fußgänger erfolgen darf. Jedoch belegen leider die alltäglichen Erfahrungen, dass dies nicht so praktiziert wird.
    • Zahlreiche Konflikte und Unfälle mit Fahrradfahrern auf Gehwegen belegen, dass es mit der gewünschten gegenseitigen Rücksichtnahme nicht allzu gut bestellt ist. Zu Unfallanzeigen kommt es nur selten, da der Fahrradfahrer in der Regel unbekannt ist und nicht identifiziert werden kann. Daher können diese Unfälle nicht erfasst werden und tauchen auch nicht in den geführten Unfallstatistiken auf, welche gern zur Argumentation herangezogen werden.
    • Durch die Möglichkeit, auch bei einem roten Lichtzeichen abbiegen zu dürfen, geht von höchster Stelle das Signal aus, dass das Rotlicht nur noch eine Empfehlung ist und nur unter gewissen Voraussetzungen beachtet werden muss. In der Folge ist zu befürchten, dass es zu einer schleichenden Auflösung des regelkonformen Verhaltens von Radfahrern kommt.
    • Schon jetzt kann man häufig beobachten, dass Fahrradfahrer oftmals das Haltegebot missachten. Wenn dies jetzt offiziell an der einen Kreuzung erlaubt wird, dann wird es auch an der nächsten Kreuzung gewohnheitsgemäß so praktiziert.

💡 Der Fahrradverkehr lässt sich mit gesonderten Fahrradampeln, bei denen dieser vor den Kraftfahrzeugverkehr Grün erhält, aus dem Gefahrenbereich führen. Eine Lösung, die nicht Dritte gefährdet!

App „Ampelpilot“ 2 Newsletter Umwelt & Verkehr Nr. 19/2019 vom 16.12.2019 App „Ampel-Pilot“

Für blinde und sehbehinderte Personen besteht an ampelgesteuerten Kreuzungen oft das Problem, dass sie die visuell angezeigte Fußgängergrünphase nicht erkennen können, da bisher nur ein kleiner Teil der Lichtsignalanlagen mit akustischen und taktilen Einrichtungen für die Anzeige der Fußgänger-Grünphase ausgestattet sind. Diese gewährleisten blinden und sehbehinderten Menschen eine sichere Fahrbahnquerung.

    • An Lichtsignalanlagen ohne blindenspezifische Signaleinrichtungen sind die Betroffenen auf Hilfe fremder Personen angewiesen, insofern diese anwesend sind oder sie setzen sich großer Gefahr aus, wenn sie aufs Geratewohl die Straße queren.
    • Abhilfe verspricht seit einiger Zeit die App „Ampel – Pilot“ für Smartphones, die von der Arbeitsgruppe des Forschungsinstituts für Augenheilkunde (FIA) am Universitätsklinikum Tübingen in Kooperation mit der Fakultät für Informatik an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften in Augsburg entwickelt wurde und weiterentwickelt wird.

Mit der App sollen Smartphones erkennen können, ob eine Fußgängerampel Grün oder Rot zeigt. Der Nutzer wird akustisch und visuell informiert, ob er warten muss oder die Fahrbahn queren darf.

    • Toll – wenn das funktioniert. Aber es funktioniert nicht immer richtig. Beispielsweise bei einer geteilten Querung mit einer sogenannten Mittelinsel sind des Öfteren zwei unterschiedliche Phasen geschaltet. So kann es passieren, dass die Verkehrsampel an der ersten Querungsstelle Rot zeigt, während die dahinterliegende Seite schon oder noch Grün hat. Blinde und sehbehinderte Personen sind aber nicht in der Lage, ihr Smartphone genau auf den ersten Ampelmast auszurichten. Wenn das Smartphone das falsche Lichtzeichen erkennt, kann es zu Fehlern mit lebensgefährlichen Folgen kommen.
    • Auch starkes grünes Licht im Hintergrund einer Ampel durch Werbung etc. kann zu einer Fehlinterpretation durch das Smartphone und damit zu großer Gefahr für den Nutzer führen.
    • Wie bereits oben beschrieben ist der Anteil der ausgerüsteten Lichtsignalanlagen mit akustischen und taktilen Freigabesignalgebern immer noch verhältnismäßig recht gering. Baulastträger könnten mit dem Hinweis auf die App „Ampelpilot“ geneigt sein, zur Vermeidung von Kosten für Zusatztechnik für blinde und sehbehinderte Menschen verzichten zu können. Davon ist jedoch im Interesse der Verkehrssicherheit abzuraten, da bei weitem nicht alle blinden und sehbehinderten Menschen über die derartige Technik verfügen und noch weniger in deren richtigen Handhabung geschult sind. 

Auch wenn die App „Ampelpilot“ in einem Großteil der Fälle dem Nutzer die richtigen Informationen gibt und von vielen als hilfreich empfunden wird, bringt die Nutzung der App ein großes Sicherheitsrisiko für die Betroffenen mit sich. So liegt letztlich die Entscheidung für die Nutzung dieser App bei jedem blinden oder sehbehinderten Nutzer selbst.

Nachtabschaltung der akustischen und taktilen Einrichtungen für blinde und sehbehinderte Fußgänger

 

    • In vielen Kommunen werden in den Nachtstunden die taktilen und akustischen Signaleinrichtungen für blinde und sehbehinderte Menschen an den Lichtsignalanlagen abgeschaltet. Begründet wird dies mit der nächtlichen Ruhestörung der Anwohner. In der Folge können sich jedoch die Betroffenen nach der Abschaltung der Einrichtungen nicht mehr selbständig sicher im Straßenverkehr bewegen. Die damit verbundene Einschränkung ihrer Mobilität führt nicht selten zum Verlust ihrer Teilnahme am gesellschaftlichen Leben. Nach der Arbeit am Abend das Fitnessstudio oder eine Abendveranstaltung an der Volkshochschule zu besuchen ist nicht möglich. Ein spontaner Kino- oder Theaterbesuch wird unterbunden.
    • Daher sehen viele Betroffene in dieser Regelung eine „kommunal verordnete“ Ausgangssperre, die in keiner Weise zu rechtfertigen ist. Die Frage, auf welcher rechtlichen Grundlage die Abschaltung erfolgt, bleibt unbeantwortet.
    • Erinnern wir uns: Die nächtliche Ausgangssperre in der Corona-Pandemie stieß auf wenig Verständnis. Es kam zu Protesten, da Bürger durch diese Maßnahme ihre bürgerlichen Freiheitsrechte eingeschränkt sahen. Aber wie sieht es nun mit den bürgerlichen Freiheitsrechten für die blinden und sehbehinderten Mitbürger aus? Kann man diese ohne jegliche Rechtsgrundlage einschränken? Die derzeitigen unzumutbaren Zustände für blinde und sehbehinderte Menschen müssen ein Ende finden und den gesetzlichen Vorgaben zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention Rechnung tragen.

Fazit

Zusammenfassung:
Lichtsignalanlagen im Straßenverkehr müssen so gestaltet sein, dass sie für alle Verkehrsteilnehmer uneingeschränkt auffindbar und nutzbar sind. Insbesondere für blinde und sehbehinderte Fußgänger sind taktile und akustische Einrichtungen zum Auffinden der Lichtsignalanlage und einer sicheren Fahrbahnquerung erforderlich.

Die rasche Entwicklung digitaler Lösungen zur Steuerung von Lichtsignalanlagen kann auch durchaus Lösungen, wie die Entwicklung des LOC.id zeigt, mit sich bringen. Generell müssen Lichtsignalanlagen jedoch auch per Anforderungstaster nutzbar sein. Digitale Angebote per App können nur ergänzende Hilfen darstellen.

Weiterhin ist es notwendig, Gefahren an Lichtsignalanlagen, die beispielsweise durch den Grünen Rechtsabbiegerpfeil für Kraftfahrer oder Radfahrer entstehen können, zu beseitigen. Die gesetzliche Maßgabe zur Herstellung der Verkehrssicherheit gilt für alle Verkehrsteilnehmer in gleichem Maße.

Weiterführende Informationen:

© Mobilfuchs, 11.07.2021, aktualisiert am 16.01.2023



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