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Kennzeichnungspflicht für behinderte Menschen im Straßenverkehr?

💡 Eines der wichtigsten Voraussetzungen für die Teilnahme am Straßenverkehr ist der Grundsatz – Sehen und gesehen werden.

 

Auf Bild 1 ist eine blinde Frau mit dunkler Brille, gelber Armbinde (links) und einem Blindenlangstock (in der rechten Hand) zu sehen.
Bild 1: Blinde Frau mit dunkler Brille, gelber Armbinde und Blindenlangstock
Photo by OpenClipart-Vectors on Pixabay

Vor diesem Hintergrund sollten sich alle Verkehrsteilnehmer Gedanken über ihre Sicherheit bei der Teilnahme am Straßenverkehr machen. Bedeutungsvoll ist dieser Grundsatz besonders bei Dunkelheit oder in der dunklen Jahreszeit. Es empfiehlt sich hier, wie schon oftmals gesagt, zumindest helle, auffällige Kleidung zu tragen.

Aber auch bei Tageslicht sollte jeder zum Schutz vor Unfällen gut gesehen werden können. Daher sind entsprechende Maßnahmen für eine angemessene Vorsorge unverzichtbar bzw. zu empfehlen.

Maßnahmen zur Vorsorge zum Schutz vor Unfällen

 

    • Dies gilt insbesondere für Menschen mit einer Behinderung. Sie sollten ihren möglicherweise bestehenden Hilfebedarf den anderen Verkehrsteilnehmern mitteilen, damit diese sich auf die jeweilige Situation rechtzeitig einstellen können. Daher ist eine Kennzeichnung insbesondere dann, wenn sie ohne eine Begleitperson unterwegs sind, zu empfehlen.
    • Für viele behinderte Menschen ist es nicht einfach sich entsprechend zu kennzeichnen. Ruft dies doch Erinnerungen an die unrühmliche deutsche Vergangenheit wach. Aber oftmals wird auch befürchtet, eine vorliegende Schwäche anzuzeigen, die unliebsame kriminelle Übergriffe zur Folge haben kann. 💡 Das sind Gründe, die ohne Zweifel ernst zu nehmen und zu akzeptieren sind.
    • Im Rahmen der Verkehrssicherheit können häufig Diskussionen beobachtet werden, die teilweise durchaus kontrovers und heftig geführt werden, wenn es um die sogenannte Kennzeichnungspflicht behinderter Menschen während deren Teilnahme am Straßenverkehr geht.

Was ist im Interesse der Sicherheit für alle Verkehrsteilnehmer zu tun? Besteht eine Kennzeichnungspflicht behinderter Menschen im Straßenverkehr? 

Gut zu wissen: Verkehrsrechtlich wird dieses Thema seit 1998, in der Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) § 2 „Eingeschränkte Zulassung“ behandelt und geregelt.

Nach der Fahrerlaubnis-Verordnung sind Menschen, wenn sie sich in der Folge von körperlichen oder geistigen Beeinträchtigungen nicht sicher im Straßenverkehr bewegen können, gesetzlich verpflichtet ausreichende Vorkehrungen zu treffen, damit von ihnen keine Gefährdungen für den Verkehr ausgehen.

Kennzeichnungsmöglichkeiten für behinderte Menschen

So besteht beispielsweise für körperlich behinderte Menschen die Möglichkeit sich mit gelben Armbinden, auf denen drei schwarze Punkte im Dreieckangeordnet sind, an beiden Armen zu kennzeichnen.

💡 Zum Zweck der Kennzeichnung bestehen für wesentlich sehbehinderte Menschen folgende Möglichkeiten:

a) das Tragen von gelben Armbinden mit 3 schwarzen Punkten (siehe Bild 2),
b) die Nutzung eines weißen Blindenlangstocks (siehe Bild 3) oder
c) die Begleitung durch einen Blindenführhund im weißen Führgeschirr (siehe Bild 4). 

 

Bild 2 zeigt eine gelbe Armbinde mit 3 schwarzen Punkten.
Bild 2: Gelbe Armbinde mit 3 schwarzen Punkten
© Mobilfuchs
Auf Bild 3 ist eine Frau mit einem Blindenlangstock auf einem Gehweg zu sehen.
Bild 3: Frau mit Blindenlangstock auf einem Gehweg                                                        © Mobilfuchs
Bild 4 zeigt eine Frau mit einem Blindenführhund (schwarzer Pudel) im Führhundegeschirr.
Bild 4: Frau mit einem Blindenführhund im Führhundegeschirr
© Mobilfuchs

Straßenverkehrsteilnahme mit einer Begleitperson

Gut zu wissen: 

  Bei der Teilnahme am Straßenverkehr kann auch eine ausreichende Vorkehrung gegeben sein, wenn diese in Gegenwart einer Begleitperson erfolgt. In diesen Fällen geht die Verantwortung für eine ordnungsgemäße Teilnahme am Straßenverkehr auf die Begleitperson über. Aber auch hier ist zu empfehlen, dass der Betroffene selbst nicht auf eine Kennzeichnung verzichten sollte.

Kennzeichnungspflicht behinderter Menschen im Straßenverkehr?

 

    • 💡 Wichtig ist zu wissen, dass der Gesetzgeber keine zwingende Kennzeichnungspflicht für behinderte Menschen bei der Teilnahme am Straßenverkehr vorschreibt. Hier ist die Eigenverantwortung der Betroffenen gefragt.
    • Voraussetzung zur Teilnahme am Straßenverkehr bleibt in jeden Fall die Erfüllung einer ausreichenden Vorkehrung zum Schutz der Verkehrsteilnehmer vor Gefährdungen.
    • Behinderte Menschen sollten jedoch stets bedenken, dass sie ein erhebliches Mitverschulden tragen können, wenn sie in einen Unfall verwickelt werden bzw. sind und keine vorschriftsmäßig ausreichende Vorkehrungen – wie beispielsweise durch das Tragen von Verkehrsschutzzeichen – getroffen haben. 

Verkehrsschutzzeichen

 

    • Die gelbe Armbinde mit den drei schwarzen Punkten, der weiße Blindenlangstock und das weiße Führhundegeschirr gehören zu den gesetzlich anerkannten Verkehrsschutzzeichen und sind zum Schutz dessen Nutzers von allen Verkehrsteilnehmern, insbesondere von Auto- und Fahrradfahren, entsprechen verbindlich zu berücksichtigen.
    • Die Erfahrung zeigt, dass die sichtbare Kennzeichnung bei den Mitmenschen wesentlich mehr Rücksichtnahme auslöst und oftmals einem unerwartet Hilfe angeboten wird. Die Entscheidung zum Tragen von Verkehrsschutzzeichen liegt somit in den Händen eines jeden Betroffenen.
    • Die Verkehrsschutzzeichen Blindenlangstock und der Blindenführhund mit dem weißen Führhundegeschirr sind für blinde Menschen natürlich viel mehr als nur ein Verkehrsschutzzeichen. Für diese Personengruppe sind sie gleichzeitig wertvolle und unentbehrliche Mobilitätshilfen für eine selbständige Fortbewegung. 

Fahrerlaubnis-Verordnung § 2 „Eingeschränkte Zulassung“

Damit Sie sich selbst ein Bild über die gegenwärtige Rechtslage machen können, lesen Sie nachstehend nun den entsprechenden Auszug aus der Fahrerlaubnis-Verordnung:

§ 2 Eingeschränkte Zulassung:

„(1) Wer sich infolge körperlicher oder geistiger Beeinträchtigungen nicht sicher im Verkehr bewegen kann, darf am Verkehr nur teilnehmen, wenn Vorsorge getroffen ist, dass er andere nicht gefährdet. Die Pflicht zur Vorsorge, namentlich durch das Anbringen geeigneter Einrichtungen an Fahrzeugen, durch den Ersatz fehlender Gliedmaßen mittels künstlicher Glieder, durch Begleitung oder durch das Tragen von Abzeichen oder Kennzeichen, obliegt dem Verkehrsteilnehmer selbst oder einem für ihn Verantwortlichen.
(2) Körperlich Behinderte können ihre Behinderung durch gelbe Armbinden an beiden Armen oder andere geeignete, deutlich sichtbare, gelbe Abzeichen mit drei schwarzen Punkten kenntlich machen. Die Abzeichen dürfen nicht an Fahrzeugen angebracht werden. Wesentlich sehbehinderte Fußgänger können ihre Behinderung durch einen weißen Blindenstock, die Begleitung durch einen Blindenhund im weißen Führgeschirr und gelbe Abzeichen nach Satz 1 kenntlich machen.
(3) Andere Verkehrsteilnehmer dürfen die in Absatz 2 genannten Kennzeichen im Straßenverkehr nicht verwenden.“

Ab wann gilt man als wesentlich sehbehindert?

 Bei der Sehbehinderung unterscheidet man zwischen:
a) Sehbehinderung;
b) wesentliche oder starke Sehbehinderung und 
c) hochgradige Sehbehinderung.  

💡 Eine wesentliche Sehbehinderung liegt vor, wenn auf dem besseren Auge, trotz Korrektur (mit Brille oder Kontaktlinsen), eine Sehschärfe (Visus) in der Nähe und/oder Ferne von nicht mehr als 1/10 (10 %) der normalen Sehschärfe vorhanden ist.

Sind zur Kennzeichnung gelbe Anstecker mit drei schwarzen Punkten ausreichend?

Es sollte davon ausgegangen werden, dass gelbe Abzeichen mit drei schwarzen Punkten, in Form von Ansteckern (siehe Bild 5), die zur Kennzeichnung für körperlich behinderte, blinde und sehbehinderte Menschen käuflich zu erwerben sind, keine geeigneten, deutlich sichtbaren gelbe Abzeichen mit drei schwarzen Punkten im Sinne des § 2 „Eingeschränkte Zulassung“ der Fahrerlaubnis-Verordnung sind.

 

Bild 5 zeigt einen gelben, runden Ansteckbutton mit 3 schwarzen Punkten.
Bild 5: Gelber Ansteckbutton mit 3 schwarzen Punkten
© Mobilfuchs

 

Am Revers der Jacke getragene Abzeichen mit einem Durchmesser von ca. 5 cm Durchmesser können beispielsweise von Autofahrern kaum oder nur schwer erkannt werden. Insbesondere dann nicht, wenn der Auto- oder Radfahrer den Überholvorgang einleitet bzw. sich der betroffenen Person von hinten nähert.

Zusammenfassung:
 💡 Es kann zusammenfassend festgestellt werden, dass in Deutschland derzeit keine Kennzeichnungspflicht behinderter Menschen im Straßenverkehr besteht.

Nach der Fahrerlaubnis-Verordnung ist jedoch zu beachten zu beachten, dass Menschen,  wenn sie sich in der Folge von körperlichen oder geistigen Beeinträchtigungen nicht sicher im Straßenverkehr bewegen können, gesetzlich verpflichtet sind ausreichende Vorkehrungen zu treffen, damit von ihnen keine Gefährdungen für den Verkehr ausgehen.

Weiterführende Links: 

 © Mobilfuchs, 23.02.2022, aktualisiert am 19.22.2022



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