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Smarte Fenster als Tor zur Welt – Barrierefreiheit und Sicherheit im Fokus

Das Fensterdesign mag für Architekten bei der Planung von Gebäudeneubauten eine wichtige Rolle spielen, was jedoch nicht immer im Interesse der Gebäudebewohner liegen muss. Fenster haben eine weitaus größere Bedeutung. Sie sind auch nicht nur elementare Bestandteile der Wohnraumgestaltung, sondern sie müssen darüber hinaus auch für alle Bewohner zugänglich und nutzbar sein.

Bild 1 zeigt ein Wohnzimmer mit Glastisch und 4 grauen Sesseln in der Raummitte und eine Fensterfront im Hintergrund.
Bild 1: Blick in ein Wohnzimmer mit Fensterfront im Hintergrund
Photo by Douglas Sheppard on Unsplash

 

💡 Normative Vorgaben legen fest, dass spezielle Anforderungen erfüllt werden müssen, um die barrierefreie Gestaltung von Fenstern zu gewährleisten.

  • In unserer Gesellschaft, die zunehmend altert, wird geschätzt, dass bis 2030 etwa ein Viertel der deutschen Bevölkerung über 65 Jahre alt sein wird. Gleichzeitig wird die Anzahl der über 80-jährigen Menschen voraussichtlich auf 6,4 Millionen anwachsen, wovon etwa ein Drittel als pflegebedürftig eingestuft werden kann. Es ist verständlich, dass viele ältere Menschen so lange wie möglich in ihren eigenen vier Wänden wohnen bleiben möchten. Dies erfordert jedoch einen angepassten Wohnraum, der bereits schon heute oft nicht ausreichend zur Verfügung steht. Hier ist dringend eine gesellschaftspolitische Lösung erforderlich, die keinen Zeitaufschub erlaubt.
  • In absehbarer Zukunft wird es notwendig sein, auch bestehende Wohnungen den zukünftigen Bedingungen anzupassen und entsprechend umzubauen. Dabei spielt das Bauelement Fenster eine entscheidende Rolle, da es den Bewohnern ermöglicht, Kontakt zur Umwelt aufzunehmen. Dieser Kontakt ist besonders wichtig für Menschen, die aufgrund von Pflegebedürftigkeit viel Zeit in geschlossenen Räumen verbringen (müssen).
Bild 2 zeigt einen Mann im Wohnzimmer, der auf der rechten Seite eines großen Fensters steht und nach draußen in einen Garten blickt.
Bild 2: Mann sieht aus einem Wohnzimmerfenster
Photo by Hamish Duncan on Unsplash
  • Fenster erfüllen nicht nur die Funktion der Kommunikation mit der Außenwelt, sondern müssen auch Anforderungen an den Einbruchschutz, das Raumklima sowie den Witterungs- und Schallschutz gerecht werden. Angesichts der großen Bedeutung der Fenster ist es entscheidend, dass sie für alle Menschen barrierefrei zugänglich und nutzbar gestaltet werden.
  • An das Fensterdesign sind Anforderungen zu stellen, die die Bedarfe von Menschen mit motorischen Beeinträchtigungen berücksichtigen. Dabei sollte eine besondere Aufmerksamkeit der Gestaltung eines ungehinderten Zugangs zum Fenster sowie dessen Bedienung gewidmet werden. Für Kinder, kleinwüchsige Menschen (Mikrosomie) und Rollstuhlnutzer ist der Blick aus dem Fenster von großer Bedeutung. Fensterbedienelemente müssen auch für Menschen mit motorischen Beeinträchtigungen mit der Hand nutzbar sein.
Bild 3 zeigt ein Holzfenster mit einem leicht zu öffnenden Fenstergriff.
Bild 3: Leicht zu öffnendes Fenster – Photo by Michael Martinelli on Unsplash
  • Sicherheitsvorrichtungen zur Begrenzung der Fensteröffnungsweite können für Menschen mit Gleichgewichtsstörungen, Kinder sowie blinde und sehbehinderte Menschen zur Unfallverhütung notwendig sein.
  • Die wesentlichen Anforderungen für die Erfüllung dieser Bedürfnisse sind in den Normen DIN 18040-2 „Barrierefreies Bauen – Planungsgrundlagen“ Teil 2 „Wohnungen“ (derzeit anzuwendende Ausgabe September 2011) sowie DIN EN 17210 „Barrierefreiheit und Nutzbarkeit der gebauten Umwelt – Funktionale Anforderungen“ (veröffentlichte Ausgabe August 2021) festgelegt.

Allgemeine Anforderungen an Fenster nach DIN 18040-2

Die DIN 18040-2 sieht vor, dass die Griffe von Fenstern für Rollstuhlnutzer in einer Höhe zwischen 85 cm und 105 cm über der Bodenoberfläche anzuordnen sind. Falls diese Höhe aus bestimmten Gründen nicht eingehalten werden kann, ist es erforderlich, automatische Vorrichtungen für das Öffnen und Schließen von mindestens einem Fenster pro Raum bereitzustellen.

Wenn die Belüftung von Sanitärräumen ausschließlich über Fenster erfolgt, schreibt die DIN 18040-2 vor, dass die Bedienbarkeit dieser Fenster den hier genannten Anforderungen entsprechen muss.

Anforderungen an Fenster nach DIN EN 17210

 Zusätzlich zu den bereits im Baurecht verankerten Bestimmungen der DIN 18040-2, werden die Anforderungen der zwar veröffentlichten, aber noch nicht in das Baurecht übernommenen, DIN EN 17210 „Barrierefreiheit und Nutzbarkeit der gebauten Umwelt – Funktionale Anforderungen“ in den kommenden Jahren an Relevanz gewinnen. Diese Norm ergänzt die DIN 18040-2 und enthält eine Vielzahl von zu beachtenden Anforderungen und Empfehlungen.

Anordnungsposition von Fenstern

  • Die Anforderungen der DIN EN 17210 schreiben vor, dass Fenster nicht in einer Höhe platziert werden dürfen, sodass in potenziellen Gehbereichen wie beispielsweise über Gehwege oder in Flurbereichen, Fußgänger gefährdet werden könnten. Dies dient dem Schutz der sich in diesen Bereichen fortbewegenden Personen vor möglichen Gefahren.
  • Wenn Fenster in Richtung der Verkehrswege geöffnet werden sollen, ist es erforderlich, die Öffnungsmöglichkeit entsprechend zu begrenzen oder alternativ eine Schutzvorrichtung zu installieren, um Konflikte mit dem Fußgängerverkehr zu vermeiden.
  • Es ist ratsam, Fenster so zu platzieren, dass sie keine Blendung verursachen, die durch direktes Sonnenlicht verursacht wird. In diesem Kontext sollte es zum Beispiel vermieden werden, Fenster hinter dem Servicepersonal an Rezeptionen oder am Ende von Fluren zu positionieren. In Situationen, in denen dies unvermeidbar ist, sollten Maßnahmen zur Verhinderung einer Blendungsgefahr ergriffen werden, wie beispielsweise die Installation von Jalousien, um einen übermäßigen Tageslicht- bzw. Sonnenlichteinfall zu minimieren.

Anordnungshöhe der Fenster

  • Die Anforderungen der DIN EN 17210 bezüglich der Höhe der Fensteranordnung stehen (funktional ohne maßliche Werte) in Übereinstimmung mit der DIN 18040-2.
  • Die DIN 18040-2 fordert, dass ein Teil der Fenster in Schlaf- und Wohnräumen so gestaltet sein müssen, dass sie, auch aus dem Sitz, für Rollstuhlnutzer, einen Blick nach draußen ermöglichen.
Bild 4 zeigt einen Mann im Rollstuhl, der aus einem großen Fenster nach draußen schaut.
Bild 4: Mann im Rollstuhl vor einem geschlossenen Fenster Photo by Karlaage Isaksen on Pixabay
  • Um Rollstuhlnutzern die Möglichkeit zu geben, nach draußen zu schauen, sollte die Höhe von Fensterbrüstungen nicht über 60 cm über der Fußbodenoberfläche liegen. Falls es notwendig oder gewünscht ist, höhere Fensterbrüstungen zu verwenden, sind transparente Werkstoffe für diese Zwecke einzusetzen.
  • Zusätzlich fordert die DIN EN 17210, dass die Sicht aus dem Fenster nicht durch Bedienelemente, wie Fensterriegel, beeinträchtigt werden darf. Diese Anforderung gilt sowohl für den Blick aus dem Sitz, als auch aus dem Stand.

Fensterbeschläge und -abschlüsse

 

  • In Ergänzung zu den Anforderungen der DIN 18040-2, sieht die DIN EN 17210 vor, dass die Bedienelemente der Fenster sicher und mühelos mit einer Hand zu betätigen sein müssen.
  • Falls in Räumen manuell zu bedienende Fenster in erhöhter Position oder Oberlichter installiert sind, fordert die DIN EN 17210, dass die Fensterbeschläge, von mindestens einen Fenster, so angebracht sein müssen, dass sie für alle Personen, einschließlich derjenigen im Sitzen, leicht zugänglich sind.
  • Sofern sich die Fenster in einem Raum, außerhalb des Aktionsradius der Nutzer befinden, fordert die DIN EN 17210, dass die Bedienung über ein automatisches oder ferngesteuertes Öffnungs- und Schließsystem zu ermöglichen ist. Dies kann beispielsweise bei Dachflächenfenstern der Fall sein.

 Die DIN EN 17210 empfiehlt für alle Fenster Bedienelemente zu nutzen, die:

a) einen ausreichenden Kontrast zu ihrem Hintergrund aufweisen, damit sie leicht erkennbar sind,
b) über eine einfache und verständliche Handhabung für allen Nutzer verfügen und
c) eine unkomplizierte Bedienung ermöglichen.

Kraftaufwand für manuell zu betätigende Fenster

  • Wenn es um das barrierefreie Bauen in Wohnungen geht, legt die DIN 18040 Teil 2 „Wohnungen“ klare Standards fest. Insbesondere in Bezug auf die Fenster heißt es, dass jeder Raum, der sich an einer Gebäudeaußenwand befindet, über mindestens ein Fenster verfügen muss, welches auch für Rollstuhlnutzer oder Menschen mit motorischen Beeinträchtigungen einfach zu öffnen und zu schließen ist. Damit dies mühelos möglich ist, darf die Bedienkraft für das Öffnen und Schließen höchstens 30 Newton (N) betragen. Wenn es um handbetätigte Hebelgriffe geht, sollte das maximale Moment 5 Newtonmeter (Nm) nicht überschreiten. Das sorgt dafür, dass Fenster leicht bedienbar sind und für alle zugänglich bleiben.
  • Die DIN EN 17210 schlägt vor, dass manuell zu öffnende Fenster und ihre Bedienelemente leicht zugänglich und nutzbar sein sollten. Diese Empfehlung gilt auch für die Anordnung der Fenster, um einen uneingeschränkt hindernisfreien Zugang und eine angemessene Bedienung für Rollstuhlnutzer sicherzustellen. Falls dies nicht gewährleistet werden kann, wird eine automatische Fensterbetätigung empfohlen.
  • Die DIN EN 17210 legt nicht nur Wert auf eine einfache Bedienung der Fensterbedienelemente, sondern empfiehlt auch sicher zu stellen, dass das Bewegen von Schiebefenstern mit minimalem Kraftaufwand möglich ist.
  • Es wird darauf hingewiesen, dass in Regionen mit konstanter Glasbelastung durch Wind, automatische Öffnungs- und Schließsysteme dazu beitragen können, insbesondere für Menschen mit motorischen Beeinträchtigungen, die Bedienung von Fenstern zu erleichtern.

Fensteröffnungsweite und Sicherheitsvorrichtungen

Die DIN EN 17210 fordert, dass für Fenster die bis auf den Boden herab reichen, Sicherheitsglas verwendet werden muss (Hinweise zum Aspekt Sicherheitsglas können der Webseite Sichere Glastüren und – flächen – die unsichtbaren Barrieren – Mobilfuchs entnommen werden). Dies dient dazu, im Falle einer Kollision, ein Zersplittern des Fensterglases zu verhindern.

Zudem empfiehlt die DIN EN 17210, für Fenster ab dem ersten Obergeschoss entweder eine Begrenzung der Fensteröffnungsweite vorzusehen oder eine Sicherheitsvorrichtung zu installieren. Dies soll dazu beitragen, das Risiko des Stürzens aus dem Fenster, insbesondere für Kinder, zu verhindern.

AAL-Systeme für Fenster

  • „Ambient Assisted Living (AAL)“ ist ein innovatives Konzept, das darauf abzielt, die Lebensqualität älterer und behinderter Menschen durch den Einsatz von Technologien zu verbessern. Ein Bereich, der dabei besonders in den Fokus rückt, ist die Gestaltung von Fenstern im häuslichen Umfeld.
  • Fenster spielen eine entscheidende Rolle im Wohnkomfort und tragen maßgeblich zur Atmosphäre in einem Raum bei. Im Kontext von AAL-Systemen bieten smarte Fensterlösungen zahlreiche Möglichkeiten, um die Sicherheit, den Komfort und die Autonomie älterer und behinderter Menschen zu fördern.
  • 💡 Insgesamt ermöglichen AAL-Systeme durch smarte Fensterlösungen eine individuellere und sicherere Gestaltung des Wohnraums für ältere und behinderte Menschen. Dabei ist es wichtig, die Bedürfnisse und Präferenzen der Nutzer im Blick zu behalten und Technologien entsprechend anzupassen. Smarte Fenster sind somit nicht nur ein Beitrag zur technologischen Innovation, sondern vor allem auch ein Schritt in Richtung einer alters- und behindertengerechten sowie einer lebenswerteren Umgebung.

 

Sicherheit durch intelligente Sensoren

Smarte Fenster können mit Sensoren ausgestattet werden, die auf ungewöhnliche Aktivitäten oder auf potenzielle Gefahren hinweisen. Beispielsweise können sie registrieren, ob ein Fenster über einen längeren Zeitraum geöffnet bleibt, und automatisch Benachrichtigungen an Angehörige oder Pflegepersonal senden.

 

Energieeffizienz und Komfort

Durch die Integration von intelligenten Fensterlösungen lassen sich Heiz- und Kühlsysteme besser steuern. Sensoren können die Raumtemperatur erfassen und automatisch die Fensteröffnungen anpassen, um den Energieverbrauch zu optimieren und ein angenehmes Raumklima aufrechtzuerhalten.

 

Lichtmanagement

Smarte Fenster können auch das natürliche Licht im Raum regulieren. Dies trägt nicht nur zur Energieeffizienz bei, sondern hat auch positive Auswirkungen auf das Wohlbefinden der Bewohner. Lichtsensoren können die Beleuchtung entsprechend den individuellen Bedürfnissen anpassen und so für eine angenehme Atmosphäre sorgen.

 

Notfallerkennung und -reaktion

Im Falle eines Notfalls, wie beispielsweise bei Stürzen oder gesundheitlichen Problemen, können Fenster mit integrierten Sensoren automatisch Alarm schlagen und gleichzeitig relevante Informationen an Rettungsdienste oder Angehörige übermitteln.

 

Barrierefreiheit

Smarte Fenster können dazu beitragen, die Barrierefreiheit in Wohnungen zu verbessern. Durch automatisierte Öffnungs- und Schließmechanismen sowie die Möglichkeit zur Steuerung über mobile Anwendungen, werden Fenster leichter zugänglich und bedienbar.

Fazit

Zusammenfassung:
Um Ihr Zuhause entsprechend Ihren individuellen Vorstellungen mit den passenden Fenstern auszustatten, ist es ratsam, auf eine kompetente Beratung nicht zu verzichten.

Das Fenster sollte Ihnen einen großzügigen Ausblick ermöglichen. Die Bedienelemente des Fensters müssen für Sie leicht erreichbar sein und eine mühelose Betätigung erlauben. Die Beschaffenheit der Fenster sollte nicht nur ein angenehmes Raumklima gewährleisten, sondern auch einen effektiven Schutz vor Witterungseinflüssen und Lärm bieten. Insbesondere, wenn Sie im Erdgeschoss wohnen, ist es wichtig zu bedenken, dass das Fenster einen ausreichenden Einbruchschutz bietet.

Weiterführende Links:

© Mobilfuchs, 26.11.2023



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