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Verkehrsraumgestaltungen nach dem „Shared Space“-Konzept

Auf dieser Webseite sollen Verkehrsraumgestaltungen nach dem „Shared space“-Konzept vordergründig aus dem Blickwinkel von Senioren sowie Menschen mit Behinderungen betrachtet werden.

Im Mittelpunkt stehen dabei die Ursachen von Schwierigkeiten und Herausforderungen, die derartige Verkehrsraumgestaltungen an Fußgänger stellen. Zudem werden maßgebliche Anforderungen an Verkehrsanlagen nach dem „Shared space“-Konzept für eine barrierefreie Nutzung aufgezeigt.

Bild 1 zeigt FüßgängerInnen, die links neben einem fahrenden weißen Auto gehen. Rechts und links der Straße befinden sich Häuserzeilen.
Bild 1: Gemeinsame Nutzung einer Straße von Fußgängern und Autos – Photo by Metin Ozer on Unsplash

Was ist „Shared space“?

 „Shared space“ stammt aus dem Englischen und bedeutet „Gemeinsamer Raum.“ Im Rahmen der Verkehrsraumgestaltung versteht man unter „Shared space“ eine Gestaltungsphilosophie bzw. ein Gestaltungskonzept für Verkehrsflächen, wie Straßen oder auch Plätze, die gleichzeitig gemeinsam vom Kraft-, Rad- und Fußgängerverkehr, ohne Dominanz des Fahrzeugverkehrs, genutzt werden sollen. Dabei wird auf die althergebrachte physische Trennung der einzelnen Verkehrsflächen, wie Fahrbahn und Gehweg, sowie den Einsatz von Verkehrszeichen und Lichtsignalanlagen verzichtet.

In Straßenräumen, die nach dem „Shared space“-Konzept gestaltet werden, sollten Höchstgeschwindigkeiten zwischen 10 km/h und 20 km/h vorgegeben werden.

Was ist das Ziel von „Shared space“?

Experten der Verkehrsplanung und der Städtebauentwicklung verfolgen mit dem „Shared space“-Konzept die Vorstellung einer städtebaulichen Aufwertung öffentlicher Verkehrsflächen, die im engen Konsens zur Förderung eines gewissenhaften Verhaltens der Verkehrsteilnehmer gegenüber allen anderen am Straßenverkehr teilnehmenden Personen geschehen soll.

Zu welchen Folgen kann die Aufhebung der Trennung von Verkehrsflächen führen?

    • 💡 Für alle neuen Verkehrsraumkonzepte, zu denen auch das „Shared space“-Konzept zu zählen ist, besteht die Notwendigkeit barrierefreie Gehwege zu planen und vorzuhalten, die für alle Fußgänger zugänglich und nutzbar sind.
    • Planungen von Verkehrskonzepten nach „Shared space“ enthalten häufig keine konventionellen Ausstattungselemente, wie Bordsteinkanten, die für die Orientierung und Wegeführung erforderlich sind. Dies kann zur Folge haben, dass, für Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen, Lernschwierigkeiten sowie für blinde und sehbehinderte Fußgänger, die Voraussetzungen für eine selbständige Nutzung dieser öffentlichen Bereiche nicht mehr gegeben ist.
    • Negative Auswirkungen können hier auch für Menschen mit Hörbeeinträchtigungen nicht ausgeschlossen werden. Die Kommunikation mit deren Begleitpersonen (beispielsweise durch das Lippenlesen) erfordert von den Betroffenen eine Konzentration und führt zu einer ungewollten Ablenkung vom Verkehrsgeschehen. Die visuelle Kommunikation per Blickkontakt mit anderen Verkehrsteilnehmern wird erheblich eingeschränkt.
    • Es ist ebenfalls zu bedenken, dass für blinde und sehbehinderte Menschen, sowie für einen Teil der Menschen mit Autismus, die Körpersprache und der Blickkontakt zur Kommunikation nicht zur Verfügung stehen. Die bei der Gestaltung von Verkehrskonzepten nach „Shared space“ angeführte Argumentation, dass alle Verkehrsteilnehmer per Blickkontakt miteinander kommunizieren und sich verständigen, ist somit ein Trugschluss. Der häufige Verweis auf die Nutzung dieser Kommunikationsformen im Straßenverkehr zeigt, dass diese irrtümliche Auffassung noch weit verbreitet ist und die Belange der Menschen mit Behinderungen keine ausreichende Berücksichtigung finden.
  • HINWEIS: Vertiefende Informationen zum Thema Körpersprache und Blickkontakt finden Sie auf der Webseite Hintergrundaspekte und Verhaltensweisen von Fußgängern und Radfahrern, die sichere Fußwege verhindern“

    • Das Fehlen von Bordsteinkanten kann, je nach Fahrzeugtyp bzw. der Ausstattung von Bussen oder Taxen, beim Einsatz von Kneeling oder mobilen Rampen für den Fahrgastwechsel mit Rollstühlen und Rollatoren zu Problemen führen.
    • Im Rahmen der Verkehrserziehung von kleinen Kindern spielt die Bordsteinkante eine große Rolle. Mit deren Hilfe erlernen die Kinder die Grenze zwischen dem sicheren Gehwegbereich und der für sie gefährlichen Fahrbahn zu erkennen. Zum Schutz vor Gefährdungen durch den Kraftfahrzeugverkehr, werden die Kinder nachdrücklich angehalten an der Bordsteinkante stehen zu bleiben und diese nicht zu übertreten, um anschließend die Fahrbahn gemeinsam sicher zu überqueren.
    • Aber selbst beim Überqueren der Fahrbahn spielt die Bordsteinkante auch eine wesentliche Rolle. Man tritt an diese heran, schaut nach links und rechts ob die Fahrbahn für die Querung frei ist, wartet oder geht, je nach Verkehrssituation. Dabei erfolgt stets das Warten auf die Möglichkeit der Querung unmittelbar hinter dem Bordstein, jedoch niemals an der der Fahrbahn abgewandten Gehwegseite. Beim Wegfall der Bordsteinkante ist eine sichere Erkennbarkeit der einzelnen Verkehrsbereiche für viele Personengruppen nicht mehr gegeben. Die Aufmerksamkeit auf das Verkehrsgeschehen lässt ebenfalls spürbar nach.
  • Bild 2 zeigt links einen Gehwegbereich der mit einem weißen Leitstreifen von der Straße (rechts) abgetrennt ist.
    Bild 2: Shared Space mit Leitsystem © Dietmar Böhringer
    • Daraus können sich für Kinder, aber auch für andere Personen, wie beispielsweise Touristen, die derartige Verkehrsanlagen nach dem „Shared space“-Konzept nicht kennen, Orientierungs- und Nutzungsschwierigkeiten ergeben.
    • Zudem können Verkehrsabläufe in Bezug auf Geschwindigkeit und Entfernung von Kindern oftmals noch nicht, und von älteren Menschen nicht mehr, richtig eingeschätzt werden.
    • In diesem Zusammenhang ist es nicht verwunderlich, dass für diese Verkehrsräume die europäische Norm DIN EN 17210 „Barrierefreiheit und Nutzbarkeit der gebauten Umwelt — Funktionale Anforderungen“ die Forderung nach der vorrangigen Berücksichtigung der Sicherheit und dem Wohlbefinden für Fußgänger stellt. 

Planungsüberlegungen zu „Shared space“

💡 Bei den Überlegungen zur Einrichtung von Verkehrsanlagen nach dem „Shared space“-Konzept, müssen bereits vor dessen Planungsbeginn umfangreiche Betrachtungen im Rahmen einer „Erstbewertung“ erfolgen.

 Zu den Prüfschwerpunkten gehören unter anderem:

a) Folgen für die Orientierung des Fußgängerverkehrs bei fehlender Bordsteinkante
b) die Verkehrsdichte
c) erforderliche Maßnahmen zur Förderung der Verkehrsberuhigung
d) der Einfluss von „Shared space“ auf die angrenzenden Verkehrsbereiche
e) Möglichkeiten einer Neuordnung der Verkehrsführung
f) Betrachtung des Flächeneinsatzes für den Kraft- und Fußgängerverkehr.

Zudem sind bei der Einrichtung von Verkehrsanlagen nach dem „Shared space“-Konzept Vergleiche mit gebräuchlichen Verkehrsräumen anzustellen. Dabei sind detaillierte Betrachtungen von möglicherweise vorhersehbaren oder versehentlichen Konflikten zwischen Fußgängern und den Kraftfahrzeugverkehr maßgeblich. Hier ist der Fokus auf den größtmöglichen Fußgängerschutz zu legen.

💡 Merke: Verkehrsanlagen nach dem „Shared Space“-Konzept in öffentlich zugänglichen Straßen und Plätzen müssen den Belangen von Fußgängern mit Behinderungen (wie u. a. Menschen mit sensorischen und kognitiven Beeinträchtigungen sowie für Rollstuhl- und Rollatornutzer) bei der gemeinsame Nutzung mit Fahrzeugen Rechnung tragen. Dies gilt auch dann, wenn die Kraftfahrzeugdichte niedrig ist und eine geringe Fahrzeuggeschwindigkeit vorgegeben wird.

Zu berücksichtigende Normen

Normen für barrierefreie Verkehrsanlagengestaltung nach Shared Space-Konzept:
   

Maßgeblich für eine barrierefreie Gestaltung von Verkehrsanlagen nach dem „Shared space“-Konzept sind folgende Normen:

    • DIN 18040-3 „Barrierefreies Bauen – Planungsgrundlagen“ Teil 3 „Öffentlicher Verkehrs- und Freiraum“
    • DIN 32975 „Gestaltung visueller Informationen im öffentlichen Raum zur barrierefreien Nutzung“
    • DIN 32984 „Bodenindikatoren im öffentlichen Raum“
    • DIN EN 17210 „Barrierefreiheit und Nutzbarkeit der gebauten Umwelt — Funktionale Anforderungen“

Anforderungen an das „Shared space“-Konzept für eine barrierefreie Nutzung

 

    • Die Maßnahmen müssen entsprechend der Forderung nach einer barrierefreien und sicheren Gestaltung des Verkehrsraums für Menschen mit Behinderung, insbesondere für blinde und sehbehinderte Fußgänger, getroffen und umgesetzt werden.
    • In Verkehrsanlagen nach dem „Shared space“-Konzept sollen Zonen („Komfortzonen“) bereitgestellt werden, deren völlige Nutzung den Fußgängern vorbehalten und ein Befahren für den Fahrzeugverkehr ausgeschlossen ist.
    • Sind in Verkehrsanlagen nach dem „Shared space“-Konzept Flächen für den ruhenden Verkehr vorgesehen, ist zu berücksichtigen, dass durch diese die hindernisfreie Nutzung
        • von visuellen und taktilen Bodenelementen (Bodenindikatoren) sowie
        • bestehender Wegeverbindungen                                                                                        nicht verhindert wird.

Allgemeine Maßnahmen zur Unterstützung der Fußgängersicherheit

 In Verkehrsanlagen nach dem „Shared space“-Konzept muss den Fußgängern, gegenüber dem Fahrzeugverkehr, die höchste Priorität eingeräumt werden. In diesem Zusammenhang sollten die Fußgänger ermutigt werden, die gesamte Fläche der „Shared space“-Anlage in Anspruch zu nehmen. Dabei können verwendete Gestaltungselemente, wie beispielsweise Bäume, Straßenmobiliar oder auch Skulpturen, dieses Anliegen fördern und unterstützen.

Weitere geeignete Maßnahmen:
   

Zu den weiteren geeigneten Maßnahmen können gezählt werden:

    1. ) Im gesamten Bereich von „Shared space“-Anlagen sind Maßnahmen zur Herabsetzung der Verkehrsgeschwindigkeit, beispielsweise durch die Vermeidung einer geradlinigen Fahrzeugführung, zu treffen.
    2. ) Im Bedarfsfall sind zusätzliche Maßnahmen zur Geschwindigkeitsbegrenzung sowie zur Verkehrsberuhigung, wie z. B. die Einrichtung von Einbahnstraßen, umzusetzen.
    3. ) Zur Verringerung des Verkehrsaufkommens sollten Maßnahmen, wie beispielsweise ein Durchfahrtsverbot für LKW und eine Überwachung des Parkraums, erfolgen.
    4. ) Zur Information der Verkehrsteilnehmer (Radfahrer, Fahrzeugführer und Fußgänger) über die Wegeführung in „Shared space“-Anlagen empfiehlt die DIN EN 17210 eine Hinweisbeschilderung und Straßenmarkierung.

 

Die Hinweisbeschilderung sollte Informationen

    • zum Verhalten der Verkehrsteilnehmer
    •  auf die bevorrechtigte Nutzung für Fußgänger
    • zu wichtigen und empfehlenswerten Institutionen und Installationen in der „Shared space“-Anlage enthalten. 

An dieser Stelle trifft die DIN EN 17210 jedoch keine ergänzenden Aussagen über die kontrastreiche Hinweisgestaltung sowie auf die notwendige visuelle und taktile Gestaltung zur Orientierung im Rahmen der Straßenmarkierung, auf die nicht verzichtet werden kann.

Oberflächengestaltung

 

  • Für eine ungehinderte Nutzung für Rollstuhl- und Rollatornutzende sind die Oberflächen in Verkehrsanlagen nach dem „Shared space“-Konzept stufenlos auszubilden. Dies gilt insbesondere für den Fußgängerlängsverkehr in Komfortzonen.
  • Hier sind zur Sicherstellung einer mühelosen Berollbarkeit weiterhin die Anforderungen an die Längs- und Querneigungen zu beachten. Zudem ist eine möglichst erschütterungsfreie Berollbarkeit sicher zu stellen.

 HINWEIS: Die zu erfüllenden Anforderungen an die Längs- und Querneigungen finden Sie auf der Webseite „Bauliche Anforderungen an hindernisfreie Gehwege zur sicheren und komfortablen Nutzung“.

Bodenbeläge

 

  • Der in Verkehrsanlagen nach dem „Shared space“-Konzept eingesetzte Fahrbahnbelag sollte die Unterscheidbarkeit, der vorzugsweise von jeweils den Fußgängen und den von Fahrzeugen zu nutzenden Bereich, erleichtern. 💡 In den für Fußgänger vorgesehenen Bereichen haben Kraftfahrer nur einen „Gaststatus“ und sich entsprechend so zu verhalten.
  • Es sind Bodenbeläge zu verwenden, die sowohl für den Fußgänger- als auch für den Kraftfahrzeugverkehr geeignet sind. Zudem müssen die Voraussetzungen für die Tragfähigkeit des Kraftfahrzeugverkehrs gegeben sein.
  • Stark betonte Muster in Bodenbelägen sind zu vermeiden, da sie zur Ablenkung der Fußgänger führen können und für sie die Gefahr von Irritationen und Fehldeutungen besteht.
  • 💡 Es sind Bodenbeläge zu wählen, die durch ihre Oberflächengestaltung eine Wasseransammlung verhindern. Von Bodenbelägen darf sowohl bei Nässe, als auch bei Frost, keine Rutschgefahr ausgehen.

Taktile und visuelle Orientierungshilfen

In Komfortzonen sind Bodenindikatoren und sonstige Leitelemente mit visuellen und taktilen Kontrast nach der DIN 32984 für blinde und sehbehinderte Menschen anzuordnen. Dabei sind vorzugsweise sonstige Leitelemente (beispielsweise Bordsteinkanten) für die Orientierung des Fußgängerlängsverkehrs einzusetzen. Sie helfen, ein unbeabsichtigtes in die gleichzeitig gemeinsam vom Kraft-, Rad- und Fußgängerverkehr genutzte Fläche zu geraten. Zur Kennzeichnung von seitlich gelegenen Zielen, wie beispielsweise Überquerungsstellen und ggf. vorhandene Haltestellen, sind Bodenindikatoren zu favorisieren.

Anforderungen an die Bodenindikatoren:
  

Beim Einsatz von Bodenindikatoren müssen diese folgende Anforderungen erfüllen:

    1. ) Gewährleistung einer taktilen und visuellen Wahrnehmbarkeit
    2. ) ausreichende Tiefe zur rechtzeitigen Erkennbarkeit
    3. ) für eine hindernisfreie Fortbewegung ist eine Anordnung der
      Bodenindikatoren in einem ausreichenden Abstand zu festen
      Einbauten vorzusehen.
    4. )eindeutige Anzeige von Richtungsänderungen 

Zugang zu Verkehrsflächen nach dem „Shared space“-Konzept

 

  • Es sollte eine deutliche Abgrenzung zwischen der Verkehrsanlage nach dem „Shared space“-Konzept und dem angrenzenden Verkehrsraum erfolgen. Zu diesem Zweck können die Übergansstellen durch eine Fahrbahnverengung oder durch eine visuell kontrastreiche Gestaltung gekennzeichnet werden.

Kennzeichnung der Übergangsstellen:
  

  • In Bezug auf die Kennzeichnung der Übergangsstellen mit Bodenindikatoren lassen sich folgende Aussagen in Normen finden: 
    1. Die nationale Norm DIN 329841DIN 32984:2020-12 „Bodenindikatoren im öffentlichen Raum“, Abschnitt 5.1.1 Kriterien für den Einsatz von Bodenindikatoren“ schreibt vor, dass, aus Sicherheitsgründen für blinde und sehbehinderte Fußgänger, auf Fahrbahnen, Gleistrassen und Radwegen keine Bodenindikatoren verlegt werden dürfen. Es ist auch nicht zulässig, mit Ausnahme vor der Nullabsenkung von Fahrbahnquerungen mit differenzierter Bordhöhe, die Bordsteinkante durch Bodenindikatoren zu ersetzen.
    2. Dagegen ist, gemäß der europäischen Norm DIN EN 172102 DIN EN 17210:2021-08 „Barrierefreiheit und Nutzbarkeit der gebauten Umwelt— Funktionale Anforderungen“, Abschnitt 7.5.3 Zugangspunkt zu einem „Shared Space“,für die Übergangsbereiche zwischen einer Verkehrsanlage nach dem „Shared space“-Konzept und den angrenzenden Verkehrsraum, eine Kennzeichnung mit Bodenindikatoren, sowohl auf der Fahrbahn als auch auf dem Gehweg, möglich. 
 Damit stehen die Aussagen in den Normen in einem Widerspruch zueinander. In Deutschland werden die Bodenindikatoren üblicherweise auf Gehwegen bzw. in Fußgängerbereichen verlegt, wodurch dem Nutzer auch signalisiert wird, dass er sich im sicheren Verkehrsraum befindet. Vor diesem Hintergrund ist zu empfehlen, sich bei der Anwendung der Normen vorrangig nach den Anforderungen der nationalen Norm DIN 32984 zu richten.

Komfortzone

An die Komfortzonen in Straßenräumen nach dem „Shared space“-Konzept sind folgende Anforderungen zu stellen:

  • Komfortzonen müssen für Fußgänger, insbesondere für blinde und sehbehinderte Menschen, so gekennzeichnet werden, dass eine eindeutige Abgrenzung zu den gemeinsam genutzten Raum wahrnehmbar ist. Hier hebt die DIN EN 17210 die Wichtigkeit des visuellen Kontrasts zwischen Komfortzone und dem gemeinsam genutzten Raum hervor. Dabei kann für blinde Menschen auf eine taktile Kennzeichnung nicht verzichtet werden (vgl. Abschnitt Taktile Orientierungshilfen).
  • Die Komfortzone muss für die Stärke des zu erwartenden Fußgängerverkehrs sowie für eine hindernisfreie Nutzung mit dem Rollstuhl oder Rollator über eine ausreichende Breite verfügen.

 HINWEIS:
Die zu erfüllenden Anforderungen an die Mindestbreiten finden Sie auf der Webseite „Bauliche Anforderungen an hindernisfreie Gehwege zur sicheren und komfortablen Nutzung“. 

  • Bei der Einrichtung von Komfortzonen muss, zumindest zwischen zwei Kreuzungen, auf eine durchgehende Gestaltung und eine Anbindung zu barrierefreien Querungsstellen geachtet werden.
  • Ausstattungselemente, die ein Befahren der Komfortzone verhindern, dürfen die Zugangsbreite zur Komfortzone nicht reduzieren.
  • Zudem ist sicherzustellen, dass durch das Straßenmobiliar keine Ablenkung von der Aufmerksamkeit gegenüber anderen Verkehrsteilnehmern erfolgt.
  • Da in Straßenräumen nach dem „Shared space“-Konzept es angestrebt wird, eine Abgrenzung der Komfortzone mittels Bordsteinkante zu vermeiden, sollten zur Orientierung andere Elemente, wie beispielsweise Straßenmobiliar, zum Einsatz kommen. Finden jedoch wiedererwartend Bordsteinkanten zur Begrenzung der Komfortzone Verwendung, müssen diese, zur Wahrnehmung und Minimierung einer Stolpergefahr, über eine ausreichende Höhe verfügen.

Querungsstellen

In Verkehrsanlagen nach dem „Shared Space“-Konzept ist es den Fußgängern gestattet den Straßenraum frei nach deren Wunsch zu queren. Es muss jedoch auch davon ausgegangen werden, dass ein Teil der Fußgänger, wie beispielsweise Menschen mit kognitiven oder sensorischen Beeinträchtigungen, für eine sichere Querung des Straßenraums, auch in Bereichen des „Shared space“, Überquerungsstellen benötigen.

So empfiehlt die DIN 18040-3 grundsätzlich ein Angebot für das sichere Wechseln der Straßenseite vorzuhalten. Ergänzend dazu empfiehlt die DIN EN 17210, dass zur Querung der gemeinsam genutzten Verkehrsflächen, in regelmäßigen Abständen Überquerungsstellen, ausgestattet mit Bodenindikatoren und Bordabsenkungen, einzurichten sind.

Bild 3 zeigt eine durch einen weißen Streifen abgetrennte Straße (rechts, wo Busse und LKWs fahren) vom Fußgängerbereich (links, wo sich Fußgänger befinden)
Bild 3: Wo endet der sichere Gehbereich bei Ausweichmanövern
© Dietmar Böhringer

Haltestellen

Erfolgt die Linienführung des ÖPNV durch einen Straßenraum nach dem „Shared Space“-Konzept, so müssen auch dort die Haltestellen barrierefrei ausgebildet werden. Dabei ist maßgeblich, dass die Haltestellenplattform an die Bodenhöhe der Fahrzeuge angepasst wird. Für das unmittelbare Heranfahren an die Haltestellenplattform ist sicherzustellen, dass die dafür benötigten Verkehrsflächen freigehalten werden und keine zweckentfremdete Nutzung erfahren. Zudem bedarf es der Bereitstellung einer Wartefläche, die den Fahrgästen einen ausreichenden Schutz bietet.

 In Fällen, in denen der ÖPNV aus dem „Shared space“-Bereich ausgegliedert werden soll, muss der Zugang zu den ÖPNV-Haltestellen gewissenhaft geplant und für alle Fußgängergruppen sichergestellt werden.

Pkw-Stellplätze

Sollen im Rahmen der Planung von „Shared space“-Konzepten die Anzahl für Pkw-Stellplätze reduziert werden, sind den Pkw-Stellplätzen für Menschen mit Behinderung bei der Planung eine hohe Priorität einzuräumen und für deren Anordnung ist eine günstige Lage vorzusehen.

Zusammenfassung:

Fazit

Auch Verkehrsanlagen nach dem „Shared space“-Konzept gewinnen bei der Neugestaltung des öffentlichen Straßenraums vielerorts an Bedeutung. Dabei werden oftmals die berechtigten Belange von älteren und behinderten Menschen nicht im ausreichenden Maß berücksichtigt. Damit jedoch diese Personengruppen von einer Nutzung gestalteter Straßenräume nach dem „Shared space“-Konzept nicht ausgeschlossen werden, müssen hier einige grundlegende Anforderungen Berücksichtigung und Umsetzung finden.

Weiterführende Links:

© Mobilfuchs, 15.02.2023



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